Schulministerin Gebauer: "Lehrermangel kann man nicht in fünf Jahren beseitigen"

Yvonne Gebauer (FDP) Nordrhein-Westfälische Schulministerin, beantwortete sieben Fragen zum Thema Lehrermangel und wie die Schwarz-Gelbe Regierung das Problem angehen will.

NRW- Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP).

Foto: Federico Gambarini

Für G9 werden weitere Hunderte Lehrer benötigt. Wo wollen Sie die herzaubern?

Yvonne Gebauer: Für G9 werden im Endausbau mehr als 2000 Lehrer gebraucht, aber nicht zu Beginn der Umstellung. Wir haben generell einen Lehrermangel, das ist richtig. In unserer gerade erstellten Lehrerbedarfsprognose erwarten wir eine Unterversorgung in den nächsten zehn Jahren von bis zu 15 000 Lehrern. Auf der anderen Seite gibt es in derselben Zeit einen Überhang bei Oberstufen-Lehrern von bis zu 16 000. Das ist mein Erbe der Vorgängerregierung, wofür ich jetzt schnellstmöglich Lösungen finden muss.

Aber dabei geht es ja auch ums Geld. Wer auf Sek II studiert hat, will nicht unbedingt Sek I unterrichten, weil er dann weniger verdient.

Gebauer: Wenn man in Konkurrenz zu 16 000 anderen Lehrern steht, sollte man sich das genau überlegen. Ein Job an einer Grundschule ist eine tolle Aufgabe. Wir weisen in der Begleitung zu unserer neuen Lehrerwerbekampagne extra darauf hin, welche Fächer gute Berufsperspektiven haben. Es hat wenig Sinn nur nach Neigungen zu studieren, wenn es in dem Bereich schon zu viele Lehrer gibt. Ich kann Studierende nicht sehenden Auges eine Fächerkombination wählen lassen, die kaum Chancen auf eine Einstellung bietet.

An manchen Schulen gehen kaum Bewerbungen ein. Sollte man nicht darüber nachdenken, die Lehrer nach Bedarf zu verteilen?

Gebauer: Das wären ja im schlechtesten Fall Zwangsabordnungen. Das ist für mich das Mittel, das ich zuallerletzt wählen würde, um dem Lehrermangel entgegenzutreten. Ich versuche zunächst alle anderen Maßnahmen auszuschöpfen. Wir prüfen gerade alle Möglichkeiten.

Was wäre das?

Gebauer: Das berichte ich dann, wenn die Prüfung abgeschlossen ist.

Lassen Sie die Schulen allein?

Gebauer: Nein, wir versuchen alles, um den Lehrermangel zu bekämpfen. Die Lehrer wissen, dass der Mangel nicht erst seit gestern besteht. In der Vergangenheit sind keine Vorkehrungen getroffen worden. Das rächt sich jetzt. Eine Möglichkeit ist das Kapitalisieren von Stellen aber auch ein Ausbau der Schulverwaltungsassistenten. Das kann auch für eine Entlastung der Lehrer sorgen. Wir drehen an allen Stellschrauben und lassen nichts unversucht.

Es fehlen besonders viele Lehrer in den naturwissenschaftlichen Fächern, weil ein Chemie-Absolvent lieber in die Wirtschaft geht als an die Schule.

Gebauer: Ja, wir stehen in Konkurrenz zu Unternehmen und sind immer zweiter Sieger, weil die freie Wirtschaft mehr Geld zahlen kann in diesen Bereichen. Gerade in den MINT-Fächern führt aber fachfremder Unterricht nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Wir müssen uns deshalb im Bereich Informatik, Technik und Mathematik Hilfe von außen holen. Der Mangel dort hat sich bereits in den vergangenen Jahren angedeutet. Darauf habe ich in der Vergangenheit aus der Opposition heraus hingewiesen. Leider ist aber nichts passiert.

Werden Sie am Ende der Legislaturperiode daran gemessen, wie Sie die Probleme in diesem Bereich behoben haben werden?

Gebauer: Den Lehrermangel kann man nicht in fünf Jahren vollständig beseitigen, weil es die Lehrer in Deutschland derzeit schlicht nicht gibt. Ich setze aber alles daran, ihn zu verkleinern. Schon zu Beginn meiner Amtszeit habe ich 2000 Stellen nicht unmittelbar besetzen können. Ein Grund ist die verlängerte Grundschullehrerausbildung. Hier wurde keine Sorge dafür getragen, die daraus entstehende Lücke frühzeitig zu bekämpfen. Das muss ich jetzt reparieren.

mgu/ac