Sozialticket in NRW soll gestrichen werden - Opposition ist empört

Die Entscheidung der Landesregierung, die Förderung für das Sozialticket zu streichen, stößt auf Kritik. 40 Millionen fehlen künftig den Verkehrsbetrieben.

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Düsseldorf. Die Tatsache, dass die schwarz-gelbe Landesregierung die Förderung für das Sozialticket im Nahverkehr fallen lassen will, erhitzt die Gemüter. Die CDU solle sich schämen, findet der Vorsitzende der NRW-SPD, Michael Groschek, die Grünen im Landtag sprechen von einem sozialpolitischen Armutszeugnis. Konkret geht es um Pläne, die Beiträge des Landes zum Sozialticket bis 2020 schrittweise abzuschaffen. Das sieht der Haushaltsplan von CDU und FDP vor. Das eingesparte Geld soll in die Infrastruktur fließen, vor allem in den Straßenbau.

Es geht um 40 Millionen Euro im Jahr, die das Land den acht Verkehrsverbünden seit 2011 zur Verfügung stellt, damit sie Bedürftigen ein günstiges Ticket anbieten können. 2018 sollen es laut Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) nur noch 35 Millionen sein, 2019 20 Millionen, bis es 2020 dann gar kein Geld mehr gibt. Das Ticket nutzten 2015 300 000 Menschen in NRW, aktuellere Zahlen kann das Ministerium derzeit auf Anfrage nicht liefern.

„An dieser Stelle zu sparen, um landesweit ein oder zwei Ortsumgehungen im Jahr mehr realisieren zu können, das hätte ich der CDU niemals zugetraut“, sagt Arndt Klocke, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion. Die Linke äußert ihren Unmut über die Entscheidung sehr deutlich: „Warum zum Teufel wird immer bei den Schwachen gespart, statt die Reichen zu belasten?“, fragt Christian Leye, Landesvorsitzender der Linken. Auch Menschen mit wenig Geld hätten das Recht auf Mobilität. Die CDU kontert in einer Erklärung, der Schwerpunkt im Personennahverkehr liege in der Verbesserung und im Ausbau der Infrastruktur. Außerdem stehe es den Verkehrsverbünden frei, das Sozialticket weiterzuführen, sagt der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Klaus Voussem.

Das jedoch ist höchst unwahrscheinlich. Das Ticket kostet im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) 37,80 Euro im Monat. „Der Preis rechnet sich ohne Förderung überhaupt nicht. Wenn die Förderung wegfällt, fällt aller Wahrscheinlichkeit nach auch das Sozialticket auf Dauer weg“, sagt Dino Niemann, Sprecher des VRR, dem größten Verkehrsverband in Deutschland. Man habe nun eine intensive Beratungsphase vor sich, denn auch der Wegfall von 5 Millionen Euro in 2018 sei problematisch.

Von den 40 Millionen bekam der VRR aufgrund der vielen Anspruchsberechtigten bislang etwa 20 Millionen. Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) hat in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, dass das Ticket, das hier 38,30 Euro kostet, zunächst beibehalten wird. Zum Ausgleich der reduzierten Fördermittel in 2018 soll der Ticketpreis um 3,6 Prozent erhöht werden. Was in den Jahren darauf passieren soll, will der Unternehmensbeirat in 2018 entscheiden.

„Das ist eine Beerdigung erster Klasse für ein bewährtes Angebot zur Förderung der Mobilität und Teilhabe in Nordrhein-Westfalen“, erklärt Carsten Löcker, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte die Streichung kritisiert. „Es gibt wohl kaum einen Haushaltsposten von 40 Millionen Euro, der für so viele Menschen einen direkten positiven Effekt hat“, hieß es in einer Erklärung.

Erst kürzlich stand die schwarz-gelbe Landesregierung in der Kritik wegen der hohen Kosten des Regierungswechsels. Bei den Beratungen des Landeshaushalts in der vergangenen Woche im Landtag hielt die SPD der Regierung einen beispiellosen Personalzuwachs in den Ministerien vor — Kosten, die aus Sicht der Opposition vermieden werden könnten. „Die Abschaffung des Sozialtickets für Busse und Bahnen geschieht auf dem Rücken derjenigen, die tagtäglich genug zu kämpfen haben. An Geld ist doch offensichtlich kein Mangel, wenn man an die vielen neuen Beamtenstellen in den schwarz-gelben Ministerien denkt“, sagte der frühere Verkehrsminister Michael Groschek am Donnerstag.