Israel-Reise Laschet stellt Weichen für NRW-Vertretung in Israel

Zum Abschluss der Israel-Reise von Ministerpräsident Armin Laschet haben Unternehmen eine Absichtserklärung zur Errichtung einer NRW-Repräsentanz unterzeichnet. Das Thema dürfte Laschet zuhause die Aufmerksamkeit der Opposition sichern.

Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, steht auf dem Dach des israelischen Verteidigungsministeriums.

Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, steht auf dem Dach des israelischen Verteidigungsministeriums.

Foto: Rolf Vennenbernd

Tel Aviv. Am Ende drängt die Zeit im Programm von Armin Laschet so sehr, dass das konkreteste Ergebnis der ersten außereuropäischen Reise des Ministerpräsidenten fast im Vorbeigehen erledigt wird: In einem Saal mit Mittelmeerblick des Dan Hotel Tel Aviv wird die „gemeinsame Absichtserklärung“ unterzeichnet, eine echte NRW-Vertretung zu eröffnen.

Das macht Laschet nicht selbst, dafür sind Geschäftsführerinnen der Landesfirmen „NRW.International“ und „NRW.Invest“, Almut Schmitz und Petra Wassner, sowie der Geschäftsführer der der deutsch-israelischen Außenhandelskammer, Grisha Alroi-Arloser, angereist.

NRW-Ministerpräsident Laschet in Israel
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Politisch kann Laschet die Reise am Donnerstag schon vor dem Rückflug als vollen Erfolg verbuchen. Seine politischen Gesprächspartner - mit dem Ministerpräsidenten, dem Staatspräsidenten und der Oppositionsführerin immerhin die drei wichtigsten Politiker des Landes - nahmen Laschet klares Israel-Bekenntnis und sein Engagement gegen Antisemitismus wohlwollend zu Kenntnis.

Anders, als in Deutschland häufig vermutet, messen israelische Offizielle und Medien dem Antisemitismus in Frankreich und in der britischen Labour-Partei weitaus mehr Bedeutung bei. Und so fiel es offenbar auch nicht als Manko auf, dass Laschet den angekündigten Antisemitismus-Beauftragten der NRW-Landesregierung während des Besuchs noch nicht benennen konnte.

Mit soviel Nachsicht kann der Ministerpräsident bei der Landtags-Opposition wohl nicht rechnen. Denn die entscheidenden Fragen zur künftigen NRW-Repräsentanz in Tel Aviv (eine vergleichbare Niederlassung hat bisher nur das Bundesland Bayern) sind bislang unbeantwortet: Bisher war das Wirtschaftsministerium für die Wirtschaftsförderung zuständig - wieso soll es jetzt die Staatskanzlei sein? Was kostet es? Wie viel Personal wird es geben? Was genau soll es eigentlich tun? Und wie wird die Verquickung mit Wissenschaft und Bildung genau organisiert?

Mit der Absichtserklärung schließt sich auch ein Kreis. Der erste Versuch, eine NRW-Dependance in Tel Aviv aufzubauen, endete mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags - und einigermaßen peinlich für die früheren Ministerpräsidenten Johannes Rau und Wolfgang Clement.

Der öffentliche Skandal begann 2003 mit einem Bericht des Landesrechnungshofes über die teils abenteuerlichen Finanzpraktiken der NRW-Wirtschaftsförderung (GfW) und ihrer „Repräsentanzen“ im Ausland, die die Vorläufergesellschaft der heutigen „NRW-Invest“ von Dritten errichten ließ.

Nach Israel flossen jährlich 441.000 Mark plus Extrakosten; möglicherweise in bar noch mehr. Den Rechnungsprüfern blieb unklar, in was eigentlich die Gegenleistung des israelischen Partners bestand - ein gefundenes Fressen für die Opposition. Denn die CDU witterte die Chance des Nachweises, die SPD habe auf dem Umweg der „Repräsentanz“ in Wahrheit finanzielle Wahlkampf-Hilfe für die israelische Arbeiterpartei geleistet. „Weshalb erhielt ein hoher Funktionär der israelischen Arbeiterpartei als GfW-Repräsentant insgesamt rund 1,5 Millionen Euro - ohne dafür Nennenswertes leisten zu müssen?“, zitierte das „Neue Deutschland“ aus dem Fragenkatalog des damaligen Oppositionsführers Jürgen Rüttgers (CDU).

Im Herbst 1993 hatten Ministerpräsident Rau und sein damaliger Wirtschaftsminister Clement von einer Israel-Reise den Wunsch der israelischen Regierung mitgebracht, die Handelsbeziehungen zur Nordrhein-Westfalen zu intensivieren. Den Namen eines potentiellen Partners gab auch bereits: Israel G., damals Sekretär der israelischen Arbeiterpartei. 1994 schloss die GfW (deren Geschäftsführer aus dem Fernsehen von Raus Wunsch erfahren haben wollte) einen Vertrag mit dem israelischen Politiker und eröffnete feierlich die „Repräsentanz“ (die aus dem Inhaber und einer Halbtagskraft bestand) in Tel Aviv.

2001 zog die Wirtschaftsförderung den Stecker und schloss die „Repräsentanz“ ersatzlos. Über mehrere Jahre betrug der Tagessatz von Israel G. 1200 Mark, weitere 550 Mark berechnete er eine Halbtagskraft - viel Geld für praktisch keinen wirtschaftlichen Nutzen. Und parallel war G. nach späterer Feststellung des Untersuchungsausschusses wohl noch vier Jahre lang als hauptamtlicher Sekretär der israelischen Arbeiterpartei tätig.

G. war schon zwei Jahre als NRW-Repräsentant tätig, als er laut Untersuchungsausschuss 1996 bei einem Gespräch in Bonn im Beisein von Clement ganz offen um eine finanzielle Wahlkampfunterstützung für die israelische Arbeiterpartei bat und dabei als Möglichkeit die GfW ins Spiel brachte. Rau ließ G. ausrichten, er habe dessen Bitte an die Bundesschatzmeisterin und den SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine weitergeleitet habe. Weitere Belege für eine verdeckte Parteienfinanzierung fand der Untersuchungsausschuss nicht.

Ein Mitbewerber von G. um die GfW-Repräsentanz in Tel Aviv hatte schon 1994 dargelegt, warum ein Ein-Mann-Unternehmen wenig für die Wirtschaft in NRW bringen werde. Dass statt seiner Israel G. zum Zuge kam, beruhte laut Bericht des Untersuchungsausschusses „auf dessen Beziehung in politische Kreise, insbesondere aber auch auf seinem Zugang zu palästinensischen offiziellen Stellen“. Der Name des Mitbewerbers: Grisha Alroi-Arloser. Für die Düsseldorfer IHK gründete er 1996 einen „Firmenpool Israel“, der mittelständische Unternehmen vertrat. Alois-Arloser ist heute Geschäftsführer der Deutsch-Israelischen Industrie- und Handelskammer in Tel Aviv und damit Partner der künftigen NRW-Repräsentanz.

Das alles dürfte die NRW-SPD wohl kaum vergessen haben. Der Untersuchungsausschuss und die mit ihm verbundenen Vorwürfe waren Puzzle-Steine des sozialdemokratischen Desasters, das mit dem Verlust der Regierung 2005 endete. Nichts davon belastet Armin Laschet.

Am Morgen des zweiten Reisetages steht er auf einem Hochhaus des Verteidigungsministeriums und lässt sich von einem Pressesprecher im 360-Grad-Rundblick die Sicherheitslage der hippen Metropole erklären. Die Hamas im Gaza-Streifen ist nur 65 Kilometer von hier entfernt, die iranisch finanzierte Hisbollah im Libanon nur knapp 200.

Schon am Vorabend hat Laschet mit Amos Yadlin, einem Generalmajor im Ruhestand und früheren Chef des Armeegeheimdienstes, über „politischen Extremismus als Herausforderung für nationale und Internationale“ Sicherheit diskutiert. Aber wie erklärt man in einem von Feinden umgebenen Land, das Terror mit Militär bekämpft, dass in Deutschland ein Gericht die Rückkehr eines abgeschobenen „Gefährders“ anordnet, weil es die Abschiebung für unrechtmäßig hält?

+++Update 7.9.2018+++

Düsseldorf/Tel Aviv. Die von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bei seiner Israel-Reise angekündigte künftige „NRW-Repräsentanz“ in Tel Aviv, von der Ausstattung und genaue Funktion bislang unklar sind, ist auch nicht Gegenstand der „Gemeinsamen Absichtserklärung“, die zum Abschluss des Besuchs unter Schirmherrschaft von Laschet und dem Präsidenten der deutsch-israelischen Industrie- und Handelskammer (AHK) in Tel Aviv unterzeichnet wurde. Während der Zeremonie sei die Absicht zwar betont worden, komme im Text der Erklärung aber nicht vor, räumte die NRW-Staatskanzlei nachträglich ein. Derzeit wird das Land durch eine Mitarbeiterin in der AHK von „NRW-Invest“ vertreten. 2017 hatten die Landestöchter NRW-Invest und -International gemeinsam mit der AHK bereits zusätzlich einen „Investitions- und Kooperationsscout“ installiert. (red)