Langenfeld Lehrermangel: Elternteams für Unterricht gesucht

Der Fall einer Grundschule in Langenfeld verweist auf den Lehrermangel im Primarbereich.

Foto: dpa

Langenfeld. Die Don-Bosco-Schule in Langenfeld ist eine städtische katholische Grundschule mit 265 Schülern und einem derzeit 16-köpfigen Lehrerkollegium. Unter dem Stichwort „Elternmitwirkung“ heißt es auf der Internetseite: „Die Mitwirkung der Eltern ist für eine gute Bildungs- und Erziehungsarbeit in der Schule sehr wichtig.“ Wie wichtig, das machte Ende März ein Elternbrief von Schulleiterin Christiane Johnen deutlich.

In dem einseitigen Schreiben verweist sie auf den personellen Engpass an der Schule, der aufgrund einer Umstellung der Lehrerausbildung entstanden sei. Zwar seien alle Klassen „im vollen Umfang der Stundentafel unterrichtlich versorgt“. Aber im Krankheitsfall gebe es keine Möglichkeit mehr für Vertretungsstunden.

Johnen stellt daher ein neues Vertretungssystem vor, auf das sich das Kollegium geeinigt habe: Wird eine Lehrerin krank, soll die Grundschulklasse auf die beiden anderen Klassen des Jahrgangs aufgeteilt werden und dort am Unterricht teilnehmen. Das sei allerdings nicht sinnvoll, wenn jemand nur einen Tag oder gar wenige Stunden fehle. Und an dieser Stelle kommen die Eltern ins Spiel.

Gesucht werden an der Don-Bosco-Schule Zweier-Elternteams, die bereit sind, „an einem bestimmten Wochentag stundenweise im Notfall die Klasse ihres Kindes bei einer Stillarbeit zu beaufsichtigen“. Die jeweilige Aufgabenstellung soll von einer Lehrerin übernommen werden, die die Klasse danach aber wieder verlässt. Bei Problemen stehe die Nachbarlehrerin unterstützend zur Verfügung.

Dem Elternbrief, der den Kindern in der vergangenen Woche überraschend und ohne vorherige Unterrichtung der Schulkonferenz mitgegeben wurde, ist auch gleich ein Vertretungsplan „Feuerwehr-Eltern“ beigefügt, in den sich bereitwillige Eltern je nach ihren Zeitmöglichkeiten eintragen können. Ihnen versucht die Schulleiterin die Angst vor zu hoher Belastung zu nehmen: „Es geht wirklich nur um Einzelsituationen, in denen das Aufteilen aus irgendeinem Grund nicht geht.“

Johnens Hinweis auf Veränderungen in der Lehrerausbildung wird im NRW-Schulministerium bestätigt. Durch die Umstellung auf Bachelor und Master verlängerte sich die Studiendauer bei der Grundschullehrerausbildung ab 2009. Dadurch war zwar ein Engpass zum jetzigen Zeitpunkt absehbar. „Er wurde aber noch verschärft durch den größeren Lehrerbedarf infolge der verstärkten Zuwanderung“, sagt Ministeriumssprecherin Barbara Löcherbach. „Und das konnte zum damaligen Zeitpunkt niemand absehen.“

Dennoch bezeichnet sie die Langenfelder Aktion als „völlig unüblich“ und dem Ministerium „in dieser Art und Weise bisher nicht bekannt“. Anstatt alle Eltern anzuschreiben und damit auch womöglich für unnötige Unruhe zu sorgen, sprächen Grundschulen eher ihnen schon bekannte Eltern gezielt an, um im Einzelfall Engpässe zu überbrücken. Das gelte beispielsweise für Lesemütter und -väter, die mit einzelnen Schülern vormittags gesondert das Lesen üben und dafür die Klasse verlassen.

Schulleiterin Johnen wollte sich zu ihrer Aktion ohne Zustimmung der vorgesetzten Dienststelle nicht weiter äußern. Ihr Elternbrief endet mit den Worten: „Schon jetzt danke ich im Namen des ganzen Kollegiums im Voraus allen, die sich bereit erklären, uns dabei zu helfen, Unterrichtsausfall an unserer Schule zu verhindern.“

Den will auch das Ministerium verhindern. Aber die hohen Einstellungszahlen der vergangenen beiden Jahre (siehe Kasten) hätten dazu geführt, dass weniger Bewerber zur Verfügung stünden — im Grundschulbereich noch einmal verstärkt. Ob das Maßnahmenpaket, das im Februar verkündet wurde, um den Lehrermangel zu mildern, wirklich greift, wird sich frühestens im nächsten Schuljahr zeigen. Die Schulen hätten in Personalfragen vor allem Eigenverantwortung und Flexibilität gefordert, hieß es damals aus dem Ministerium. Die Don-Bosco-Schule hat das auf ihre Weise schon mal umgesetzt.