Lehrerstreik und erneut Zusammenstöße in Tunis

Tunis/Paris (dpa) - In Tunesien verstärkt sich der Druck auf die letzten Gefolgsleute des gestürzten Präsidenten Zine el Abidine Ben Ali in der Übergangsregierung.

Bei einer Demonstration in der Hauptstadt Tunis gab es am Montag erneut Zusammenstöße zwischen der Polizei und Gegnern des Kabinetts von Ministerpräsident Rached Ghannouchi. Grundschullehrer traten aus Protest gegen die Interimsregierung in einen unbefristeten Streik. Nach knapp zwei Wochen ohne Unterricht hatte es am Montag eigentlich erstmals wieder Schulstunden geben sollen. Eltern beklagten, ihre Kinder würden in einem politischen Machtkampf instrumentalisiert.

Die frühere Kolonialmacht Frankreich räumte unterdessen auf höchster Ebene erstmals öffentlich ihre Fehleinschätzung der Lage in Tunesien ein. „Frankreich hat das Ausmaß der Verzweiflung der Tunesier unterschätzt“, sagte Präsident Nicolas Sarkozy in Paris. Der Staatschef hatte Ben Ali 2008 noch Fortschritte bei der Wahrung der Menschenrechte bescheinigt. Am Montag sagte er dagegen, es habe in Tunesien eine „unerträgliche Korruption“ gegeben.

Der Großteil der Demonstranten in Tunis gehörte am Montag zu einer Gruppe von mehreren hundert Menschen aus der Stadt Sidi Bouzid, die bereits die Nacht über vor dem Regierungssitz ausgeharrt hatte. Sie waren zuvor in einer „Karawane der Befreiung“ in die Hauptstadt gezogen, um einen Rücktritt sämtlicher Gefolgsleute Ben Alis zu fordern. In Sidi Bouzid hatte der Aufstand gegen den nach Saudi-Arabien geflohenen Autokraten im Dezember seinen Anfang genommen. Demonstranten warfen nach Augenzeugenberichten am Montag Steine auf Sicherheitskräfte und versuchten Beamte am Betreten des Regierungsgebäudes zu hindern. Die Polizei setzte daraufhin Tränengas ein.

Außenminister Kamel Morjane, der bereits unter Ben Ali im Amt war, betonte in einem Interview, dass er sich nicht an die Macht klammere. Er wolle seinem Land lediglich helfen, so schnell wie möglich zur Normalität zurückzukehren. Von der Flucht Ben Alis sei er völlig überrascht worden, sagte er der französischen Zeitung „Le Figaro“ (Montag). Er habe am selben Tag noch mit ihm telefoniert. „Seine Stimme ließ nichts durchscheinen. Absolut nichts. Er schien vollkommen zuversichtlich zu sein“, sagte Morjane.

Unterdessen wurde bekannt, dass drei weitere Politiker aus dem engen Umfeld Ben Alis unter Hausarrest gestellt wurden. Bei ihnen handelt es sich um den früheren Generalsekretär der Einheitspartei RCD, Abdelaziz Ben Dhia, den Chef der zweiten tunesischen Parlamentskammer, Abdallah Kallel, sowie den früheren Außenminister Abdallah Kallel.