Merkel treibt Finanzsteuer voran
Berlin (dpa) - Die Koalition ist weiter uneins bei der Finanztransaktionssteuer. Die FDP bleibt beim Nein zur Abgabe nur im Euro-Raum und bringt die britische Börsensteuer ins Gespräch. Merkel treibt die Pläne aber voran.
Vor dem EU-Sondergipfel Ende Januar bekräftigen Deutschland und Frankreich, dass sie den Vorschlag der EU-Kommission dafür stützen - so geht es laut „Süddeutscher Zeitung“ aus einem gemeinsamen Papier beider Regierungen für den Gipfel hervor.
FDP-Chef Philipp Rösler hält mit der Forderung nach einer - anders gestalteten - Börsenabgabe wie in Großbritannien dagegen. „Wir sollten darüber nachdenken, ob es nicht einen Weg gibt, Großbritannien mit ins Boot zu holen“, sagte der Vizekanzler und Wirtschaftsminister der „Rheinischen Post“ (Freitag). Die Briten hätten bereits eine besondere Form der Börsenumsatzsteuer, die sogenannte Stempelsteuer.
Die Einführung einer Transaktionssteuer nur in den 17 Euro-Ländern lehnt die FDP dagegen ab. Sie will die Abgabe auf Börsengeschäfte nur akzeptieren, wenn sie in allen 27 EU-Staaten eingeführt wird. Großbritannien blockiert dies jedoch. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hält deshalb auch eine Einführung nur in der Euro-Zone für machbar. Die von Rösler stattdessen vorgeschlagene Börsenabgabe nach britischem Vorbild würde nach Ansicht von Kritikern nur einen Bruchteil des Marktes erfassen.
Am Abend kam Merkel mit den Regierungschefs von Portugal, Schweden und Österreich zusammen. Bei dem Treffen im Gästehaus der Regierung, Schloss Meseberg bei Berlin, sollte es auch um den geplanten Fiskalpakt mit strengeren Haushaltsregeln gehen. Thema der Beratungen mit Pedro Passos Coelho (Portugal), Fredrik Reinfeldt (Schweden) und Werner Faymann (Österreich) dürfte auch die Lage in Griechenland sein.
Die EU-Kommission hatte im Herbst einen Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer in allen 27 EU-Staaten vorgestellt. Die Abgabe ab 2014 soll auf Transaktionen erhoben werden, wenn ein Akteur in der EU ansässig ist. Der Handel mit Anteilen und Anleihen würde mit einem Satz von 0,1 Prozent, Derivate mit 0,01 Prozent besteuert. Brüssel erhofft jährliche Einnahmen von etwa 57 Milliarden Euro.
In FDP-Kreisen wurde bestritten, dass das Brüsseler Konzept so angelegt sei, dass die Steuer bei anhaltendem Widerstand etwa aus Großbritannien auch nur in den Euro-Ländern realisiert werden könnte.
FDP-Experte Volker Wissing bekräftigte, die Liberalen würden einer europäischen Finanztransaktionssteuer zustimmen, wenn sie für alle 27 EU-Staaten gelte. Eine Beschränkung auf die 17 Euro-Staaten käme einer „Förderung ausländischer Finanzplätze“ gleich, sagte er dem Sender Phoenix. Befürworter einer Lösung innerhalb der 17 Euro-Staaten sollten darlegen, wie eine Verlagerung der Geschäfte auf Länder ohne Transaktionssteuer vermieden werden könne.
SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil nannte die Argumentation Wissings eine „Vernebelungsrede“. In Wirklichkeit lehne die FDP die Steuer ab. Eine Zustimmung zur Abgabe in allen 27 EU-Staaten gebe es doch nur, weil die Ablehnung Londons gewiss sei. Ähnlich äußerte sich die Linken-Vorsitzende Gesine Lötzsch.
Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatten neben dem Bekenntnis zur Finanztransaktionssteuer vor knapp zwei Wochen auch vereinbart, der EU-Kommission und Ratspräsident Herman van Rompuy Vorschläge für mehr Wachstum und Jobs zu übermitteln. Dies betrifft Arbeitsmarktregeln, den Einsatz ungenutzter Fördergelder, Hilfe für kleine und mittlere Firmen sowie die Stärkung der Innovationskraft.
Um die teils extrem hohe Arbeitslosigkeit in vielen europäischen Ländern zu bekämpfen, schlagen Berlin und Paris laut „Süddeutscher Zeitung“ in einem Sechs-Punkte-Plan für mehr Wachstum und Beschäftigung vor, Arbeitsämter zu verpflichten, jedem Job-Suchenden innerhalb einer bestimmten Frist ein Stellenangebot vorzulegen. In Grenzgebieten sollen versuchsweise gemeinsame Arbeitsagenturen eingerichtet werden, um jenseits der Grenzen Jobs zu vermitteln.
Klein- und Mittelstandsbetriebe sollen einfacher Kredite bekommen. Vorschriften für Banken zur Besicherung von Geschäften sollen nach Angaben des Blattes gelockert werden. Besondere Hilfe soll es für Länder geben, die bereits Spar- und Reformprogramme aufgelegt haben.