Merkel und Schavan: Trennung in Freundschaft
Der Rückzug von Ministerin Annette Schavan fällt der Kanzlerin sichtlich schwer.
Berlin. Die Kanzlerin kam gleich auf den Punkt: „Annette Schavan hat mir gestern ihren Rücktritt vom Amt der Bundesministerin für Bildung und Forschung angeboten. Ich habe diesen Rücktritt sehr schweren Herzens angenommen.“ Was Merkel da vom Blatt abgelesen hatte, kam ihr nur sehr schwer über die Lippen.
Auch die anwesenden Journalisten im Kanzleramt spürten, dass da nicht von irgendeiner geschäftsmäßigen Beziehung im Kabinett die Rede war, mit deren Ende sich Merkel schon mehrfach konfrontiert sah. Sieben Jahre lang hatte Schavan der Kanzlerin als Bildungsministerin gedient. Die eine Katholikin, die andere Protestantin, beide kinderlos und der Wissenschaft zugetan. Schavan (57) war loyal und der Kanzlerin (58) eine Stütze. Daraus erwuchs eine persönliche Beziehung der besonderen Art.
In ihrer Erwiderung auf Merkel nutzte Schavan dafür eine Formulierung, die in der Politik sehr selten geworden ist: „Freundschaft“, sagte sie, „hängt nicht an Amtszeiten und wirkt über diesen Tag hinaus.“ Und sie duzte die Kanzlerin öffentlich: „Ich danke dir, liebe Angela.“
Als das Bundespresseamt am Samstag kurzfristig zu den „Statements“ im Kanzleramt eingeladen hatte, war die Sache hinter den Kulissen längst gelaufen. Obwohl beide Politikerinnen am Freitagabend gerade erst von anstrengenden Terminen zurückgekehrt waren — Merkel vom EU-Gipfel in Brüssel, Schavan von einer Dienstreise nach Südafrika — besprach man sich noch am selben Tag unter vier Augen über das weitere Vorgehen.
Dass Schavan der Kanzlerin bei dem Gespräch ohne Umschweife den Rückzug anbot, erleichterte Merkel die Sache. Eine längere Hängepartie hätte auch Merkel Probleme bereiten können. Bei Schavan selbst klang das so: „Wenn eine Forschungsministerin gegen eine Universität klagt, dann ist das mit Belastungen verbunden für mein Amt, für das Ministerium, die Bundesregierung und auch die CDU.“ Und genau das wolle sie „vermeiden“. Schavan: „Zuerst das Land, dann die Partei und dann ich selbst.“
Für diese Haltung zollte ihr auch die Opposition Respekt und Anerkennung. SPD-Chef Sigmar Gabriel bezeichnete Schavan als „hoch anständige und kompetente Kollegin, um die es mir außerordentlich leidtut“.