Merkel konnte Schavan nicht halten

Die Plagiatsjäger laden schon nach für die nächste Hatz

Die Kanzlerin traurig, die Union betroffen, und selbst die Opposition quittiert den Rücktritt von Bundesbildungsministerin Annette Schavan mit einem bedauernden „schade, aber ...“. Mit dem jüngsten Opfer der Plagiatsjäger tut sich die Öffentlichkeit sehr schwer. Zu undurchsichtig das Verfahren, zu lange her die Verfehlungen.

Kein „Markieren und Einfügen“, wie beispielsweise bei Theodor zu Guttenberg hat Schavans Doktorarbeit in Misskredit gebracht, sondern womöglich nur unsauberes Zitieren. Damit werden sich nun Gerichte beschäftigen müssen, weil die Universität Düsseldorf keine restlos überzeugende Begründung für den Entzug der Doktorwürde präsentieren konnte. Es dürfte Monate dauern, bis Schavan weiß, ob sie noch Doktorin ist oder gar keinen akademischen Abschluss mehr hat.

In der Zwischenzeit fragen sich immer mehr Menschen, was eigentlich los ist in der bundesdeutschen Politik. Kanzlerkandidaten tapsen von einem Fettnäpfchen ins nächste, Mandatsträger müssen sich reihenweise vorwerfen lassen, ihre Meriten mit Pfusch und Schummelei verdient zu haben. Gleichzeitig verpulvert die öffentliche Hand in Berlin, Hamburg und Stuttgart Milliarden über Milliarden mit schlecht geplanten und noch schlechter kontrollierten Großprojekten. Und im September wird ein neuer Bundestag gewählt.

Aus genau diesem Grund wird abgewiegelt, wegdiskutiert, ignoriert, ausgesessen oder sehr schnell gehandelt. Angela Merkel müsste eine gute Schauspielerin sein, wenn ihre Betroffenheit im Fall Schavan gekünstelt gewesen wäre. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Kanzlerin wirklich bedauert, eine besonnene und loyale Mitstreiterin für ihre Politik zu verlieren. Dass sie ihre Vertraute dennoch fallenließ, ist ihrem Pragmatismus geschuldet. Sie kann sich eine Dauerdiskussion über die Dissertation einer Ministerin im Wahljahr einfach nicht leisten. Also muss Schavan gehen. So ist das in der Politik.

Und an irgendwelchen Computern mit Internetzugang laden die Plagiatsjäger schon nach für ihre Hatz um der Hatz und des Kopfgeldes willen. Sehr sympathisch ist das nicht. Es trägt seit dem Fall Schavan vielmehr dazu bei, dass sich ob des Bildes, das die Politik und deren Beobachter abgeben, zunehmend Unbehagen breitmacht.