Fußball ist nicht mehr familienfreundlich
Der Sport hat sich dem Diktat des Geldes unterworfen
Die Anstoßzeit ist egal, Hauptsache die Kasse klingelt. Der Fußball opfert sich den TV-Sendern und seine jungen Fans bleiben auf der Strecke.
Das Spiel zwischen Frankreich und Deutschland haben am Mittwochabend gut neun Millionen Menschen vor dem Fernseher verfolgt. Viele junge Fußballfans dürften allerdings nicht darunter gewesen sein. Spätestens, als der Schiedsrichter um 22 Uhr zur zweiten Hälfte bat, gehörten Schüler unter zwölf Jahren schließlich ins Bett.
Wenn Vereinsmannschaften spielen, sieht es nicht besser aus. Die Bayern sind in der Champions League erst ab 20.45 Uhr zu sehen, die Gladbacher in der Europa-League sogar erst ab 21.05 Uhr.
Dahinter steckt Kalkül. Die Fernsehsender müssen ihre horrenden Kosten für die Übertragungsrechte refinanzieren. Also verkaufen sie Werbeminuten. Und die sind am besten zu vermarkten, wenn die meisten potenziellen Zuschauer zu Hause sind — abends ab 20.30 Uhr.
Die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland ficht das zwar nicht an, weil sie nach 20 Uhr nicht werben dürfen, dank der Haushaltsabgabe auf diese Einnahmen aber auch weniger angewiesen sind. Deshalb kicken die Stars im DFB-Trikot zu Hause ab 20.30 Uhr, während es etwa in Frankreich noch eine halbe Stunde später losgeht. Familienfreundlich ist das alles nicht.
Dabei sollte gerade der DFB ein hohes Interesse daran haben, dass seine frohe Botschaft auch zu den Jüngsten kommt. Schließlich rühmt er sich, der größte Sportfachverband der Welt zu sein, zählt stolz Millionen von Mitgliedern im Kindesalter. Ändern will er aber nichts. Wozu auch? Der Fanprotest richtet sich bisher ja gegen die DFL und deren dreigeteilte Bundesliga-Spieltage.
Der Berufsfußball hat sich dem Diktat des Geldes unterworfen. Das ist einerseits verständlich, weil Fans für hohe Eintrittspreise auch Bestleistungen erwarten und Stars viel kosten. Andererseits gefährdet er auf Dauer seine Basis. In Deutschland funktioniert das System noch. Doch die TV-Einnahmen steigen rasant. Und damit wächst der Einfluss der Sender.
Schon heute will niemand Spiele an Samstagabenden, sonntags oder montags. Aber spätestens, wenn die Bundesliga oder Testländerspiele um 22 Uhr beginnen, wird das Maß voll sein.