Der Wettskandal und die Doppelzüngigkeit

Europol entlarvt größte Fußball-Wettmanipulation aller Zeiten

Dass in einem Geschäft, in dem weltweit Milliardensummen umgesetzt werden, der Reiz der Manipulation groß ist, ist kaum überraschend. Wenn Europol angesichts neuester Ermittlungen bei den veröffentlichten Resultaten aber nur von der „Spitze des Eisberges“ spricht, ist das Ausmaß der weltweiten Schiebung „beängstigend“, wie Oliver Bierhoff, der Manager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, berechtigt feststellt.

Und auch, wenn das Zentrum allen Unheils ein asiatisches Verbrechersyndikat zu sein scheint, befindet sich der europäische Fußball doch im Mittelpunkt der Ermittlungen. Allein in Deutschland stehen 70 Begegnungen unter Verdacht, 151 der 425 beteiligten Personen haben ihren Wohnsitz in Deutschland. Die Ermittlungen sind der Beweis, dass die organisierte Kriminalität längst im Fußball angekommen ist. Und sich verbreitet hat.

Wenn jetzt „weltweit abgestimmte Aktionen“ gefordert werden, um das Problem wirksam zu bekämpfen, deuten sich damit auch schon die Grenzen an. Auch das Doping im Hochleistungssport ist nur weltweit wirksam zu bekämpfen, die Resultate sind offensichtlich und stimmen wenig optimistisch.

Die Korruption in den Griff zu bekommen, ist ein ehrgeiziges Ziel. Und ein unrealistisches. Die Fußball-Verbände Fifa und Uefa gelten als korrupt, die Vergabe milliardenschwerer Weltmeisterschaften ist ebenso latent vom Vorwurf der Korruption begleitet wie die Vergabe Olympischer Spiele. Dass Sportverbände in der Lage sind, das Problem zu lösen, ist nicht zu erwarten. Dass die Justiz dazu in der Lage ist, scheint optimistisch.

Normal ist dagegen der große öffentliche Aufschrei, die engagierte Forderung nach Konsequenzen und am Ende die Rückkehr zur Tagesordnung. Weltweite Verfolgung der Straftäter zu fordern ist das eine, sie wirksam und zielgerichtet zu realisieren, das andere. Den Haag gebührt zumindest der Verdienst des erneuten Anstoßes.

Grundsätzliche Fragen bleiben davon unberührt. Wie doppelzüngig ist der Fußball eigentlich, der Wettmanipulation energisch bekämpft und sich von Wettanbietern sponsern lässt? Der Alkoholmissbrauch geißelt und die Nationalmannschaft mit den Fördergeldern deutscher Bierbrauer auf die Reise schickt?