Indexmietverträge Wenn die Miete um 7 Prozent und mehr steigt - Das können Mieter tun

Düsseldorf/Berlin · Indexmietverträge erlauben Mieterhöhungen entsprechend der Preissteigerung. Das dürfte für zahlreiche Mieterinnen und Mieter zum Problem werden. Fragen und Antworten zum besonderen Mietvertrag.

Wohnungsbesichtigung – die Nachfrage übersteigt oft das Angebot. Entsprechend gut ist die Verhandlungsposition des Vermieters in Vertragsfragen.  Foto: dpa

Foto: dpa/Tobias Hase

Die Mieten steigen schon lange. Nun kommt die allgemeine Preisentwicklung dazu und stellt diese Teuerung noch in den Schatten. Im März war es ein Plus von 7,3 Prozent im Vergleich zum März 2022. Die weit darüber liegenden Mehraufwendungen für Heizkosten werden die Mieterinnen und Mieter erst nach der nächsten Nebenkostenabrechnung zu spüren bekommen. Und das ist noch nicht einmal alles. Manch ein Mieter ist mit einer weiteren unangenehmen Preisssteigerung konfrontiert. Nämlich dann, wenn er oder sie einen sogenannten Indexmietvertrag unterschrieben hat.

Was ist ein Indexmietvertrag?

Ein Indexmietvertrag ermöglicht es dem Vermieter, nicht nur die Preissteigerungen beim Heizen, die für ihn ja nur ein durchlaufender Posten sind, an den Mieter weiterzugeben. Er kann auch die Miete selbst entsprechend der allgemeinen Preissteigerungsrate anheben. Hat der Mieter einen solchen nach § 557b des Bürgerlichen Gesetzbuches möglichen Indexmietvertrag unterschrieben, dann gelten nämlich nicht die sonst üblichen Mieterhöhungsregeln.

Was ist der Unterschied zum normalen Mietvertrag?

Nach den bei einem üblichen Mietvertrag geltenden Regeln darf der Vermieter die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete anheben, muss sich dabei aber an die Jahressperrfrist und die Kappungsgrenze halten. Das heißt: Seit der letzten Mieterhöhung muss mindestens ein Jahr vergangen sein. Und die Miete darf innerhalb von drei Jahren maximal um 20 Prozent steigen, in Städten mit Wohnungsknappheit sind es maximal 15 Prozent.

An diese strengen Regeln ist ein Vermieter also beim Indexmietvertrag nicht gebunden. Wie relevant, oder – aus Sicht der Mieter – bedrohlich, ist dieses Problem? Wir haben bei den Interessenvertretungen der Mieter und der Vermieter nachgefragt. Für den Deutschen Mieterbund hat deren Sprecherin Jutta Hartmann unsere Fragen beantwortet. Für Haus und Grund dessen Sprecher Werner Fliescher.

Sind Indexmietverträge angesichts der Inflation oft Beratungsthema in der Praxis?

Haus und Grund betont, dass immer mehr Indexmietverträge abgeschlossen werden. Der Verband geht davon aus, dass es bis zu 15 Prozent sind – mit steigender Tendenz. Dies hänge vornehmlich damit zusammen, dass die Kostensteigerungen im Bausektor, aber auch die Kaufpreise der Immobilien in den letzten Jahren deutlich höher gewesen seien als die Mietsteigerungen, die sich im Mietspiegel niedergeschlagen haben. Auch der Deutsche Mieterbund sieht einen steigenden Beratungsbedarf bei dieser Frage. Bundesweite Zahlen gebe es nicht, der Hamburger Mieterverein berichte aber, dass gut die Hälfte aller neuen Mietvertragsabschlüsse Indexmietverträge oder Staffelmietverträge sind.

Wie funktioniert eine Mieterhöhung bei Indexmietverträgen?

Es muss eine schriftliche Vereinbarung zur Indexmiete vorliegen. Die Miete muss ein Jahr lang unverändert bleiben. Danach kann der Vermieter eine Mieterhöhung in Textform ankündigen. Sie wird dann zu Beginn des übernächsten Monats gültig, der auf die Erklärung folgt. Liegt also wie derzeit die Preissteigerungsrate im März bei 7,3 Prozent, so kann der Vermieter im Laufe des Aprils eine entsprechende Mieterhöhung ankündigen. Sie wird dann gültig zum 1.Juli 2022.

Gelten die sonst üblichen Kappungsgrenzen? Also maximal 20 bzw. 15 Prozent (bei Wohnungsknappheit) Erhöhung innerhalb von drei Jahren?

Für die Indexmieterhöhung gilt die Kappungsgrenze nicht. Es gibt auch kein Sonderkündigungsrecht des Mieters wegen einer solchen Mieterhöhung. Werner Fliescher (Haus und Grund) betont: „Es ist sicherlich niemand davon ausgegangen, dass es einmal zu einer Inflation von mehr als zwei Prozent jährlich im Euroraum kommen wird. Schließlich war das das langfristige Inflationsziel der Europäischen Zentralbank. Zudem tragen beide Parteien das gleiche Risiko der Steigerung/Senkung der Miete. Die Miete kann auch einmal sinken, wenn sich der Indexstand nach unten verändert, so wie es zum Beispiel während der Corona-Pandemie der Fall war.“

Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund bedauert, dass es bei der Indexmiete keine Kappungen oder Grenzen gibt. Der Vermieter dürfe daher die Miete in dem Rahmen erhöhen, wie es der Index hergibt. „Die Ausgangsmiete eines Indexmietvertrages muss sich allerdings an die Vorgaben der etwaig geltenden Mietpreisbremse halten, die folgenden Erhöhungen dagegen nicht.“

Was gilt bei Modernisierung der Wohnung: Darf der Vermieter die Kosten auch beim Indexmietvertrag aufschlagen?

Jutta Hartmann dazu: „Während der Laufzeit einer Indexmiete ist eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete ausgeschlossen, ebenso wie eine Mieterhöhung nach Modernisierung – außer es handelt sich um Modernisierungen, zu denen der Vermieter gesetzlich verpflichtet ist, beispielswweise aus Gründen der Energieeinsparung. Dann darf der Vermieter diese Kosten auf die Mieter über die Modernisierungsumlage umlegen. Sprich: er darf 8 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten auf die Jahresmiete dauerhaft umlegen; muss aber die Kappung von maximal 3 Euro/qm/Monat innerhalb von sechs Jahren berücksichtigen.“

Muss sich der Mieter darauf einlassen, wenn der Vermieter von ihm verlangt, den „normalen“ Mietvertrag in einen Indexmietvertrag umzuwandeln?

Nein, einer solchen nachträglichen Vertragsänderung muss der Mieter nicht zustimmen.

Wie kommentieren Haus und Grund und Mieterbund die Entwicklung: Sind Indexmietverträge in Zeiten stark steigender Preise ein Problem?

Werner Fliescher von Haus und Grund sieht es so: „Grundsätzlich dürfte das Potenzial für Mietsteigerungen eher sinken, weil die verfügbaren Einkommen der Mieter durch die Preissteigerungen für Energiekosten und bei Lebensmitteln aufgezehrt werden. Für Vermieter, die aber gerade erst gebaut haben oder in Zukunft das Objekt energetisch sanieren wollen/müssen, ist eine Indexmiete nahezu unumgänglich, um die Dynamik in den Baupreissteigerungen aufzufangen, die deutlich höher ist als die allgemeine Preissteigerung. So ist zum Beispiel Konstruktionsholz im letzten Jahr mehr als 77 Prozent, Betonstahl um mehr als 52 Prozent, Metalle mehr als 25 Prozent und Dämmplatten aus Kunststoff mehr als 20 Prozent teurer geworden.“

Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund sieht dagegen Bedarf für eine gesetzliche Nachsteuerung, um Mieter zu schützen. Sie sagt: „Zwar haben Indexmieter auch einen Anspruch auf Absenkung der Miete bei fallendem Index, derzeit kennt der Index aber nur die andere Richtung, und zwar steil nach oben. Indexmieter leiden doppelt unter den derzeit hohen Energiekosten, erstens durch den enorm steigenden Index und zweitens, wegen der auf sie – ebenso wie auf alle anderen Mieter, die mit Gas oder Öl heizen – zukommenden, aller Voraussicht nach hohen Nachzahlungen für Heizenergie. Indexmieter müssen ebenso wie „normale“ Mieter vor ausufernden Mieten geschützt werden. Um Mieterinnen und Mieter vor immer weiter steigenden Indexmieten und damit schlussendlich vor dem Verlust der Wohnung aufgrund ihrer Unbezahlbarkeit zu schützen, muss auch die Mieterhöhungsmöglichkeit im Indexmietvertrag begrenzt und eine Kappung der Miete ins Gesetz eingeführt werden.“