Nach Demo: Polizei ermittelt wegen Verdachts der Körperverletzung in den eigenen Reihen

Berlin. Veranstalter und Teilnehmer von zweiDemonstrationen am Wochenende in Berlin haben das unverhältnismäßigharte Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten kritisiert. Nach derDemonstration „Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn“ermittelt die Polizei jetzt wegen des Verdachts der Körperverletzungim Amt in den eigenen Reihen, wie ein Polizeisprecher der DeutschenPresse-Agentur am Sonntag in Berlin sagte.

Ein auf demInternetportal „Youtube“ veröffentlichtes Video zeigt, wie einRadfahrer von einem Polizisten am Hemd gezogen und ins Gesichtgeschlagen wird, um im Anschluss von mehreren Kollegen zu Bodengezerrt und getreten zu werden.

Mitarbeiter des Landeskriminalamtsarbeiteten mit Hochdruck an der Aufklärung des Zwischenfalls, sagteder Polizeisprecher. An der Echtheit des Videos bestünden keine Zweifel, sagte derPolizeisprecher. Problematisch sei aber, dass die Vorgeschichte nichtgezeigt werde. Im Nebentext zum Video heißt es, der Radfahrer wollteAnzeige gegen einen Beamten erstatten, der zuvor einen Freund „unterunfreundlichen Umständen festgesetzt“ hatte.

Laut Polizei hatte der37-jährige zuvor Überprüfungen „massiv gestört“ und mehrerePlatzverweise erhalten, die er nicht befolgte. Die Vorgehensweise derBeamten habe die Polizei veranlasst, ein Strafverfahren wegenKörperverletzung im Amt einzuleiten.

Die Organisatoren der Demonstration zeigten sich „bestürzt über diesen Vorfall“. „Uns ist völlig unverständlich, wie die Polizei so agieren konnte“, hieß es in einer Pressemitteilung. An der Demonstration hatten sich nach Polizeiangaben rund 10 000 Menschen beteiligt. 900 Beamte waren im Einsatz. Etwa 700 Demonstranten gehörten laut Polizei dem „antikapitalistischen Block“ an. Einige störten demnach die Überprüfung eines Lautsprecherwagens, von dem aus zuvor zu Straftaten aufgerufen worden war. Insgesamt wurden 19 Personen festgenommen.

Nach einer Gegenkundgebung zu einer anti-israelischenDemonstration (Al-Quds) ebenfalls am Samstag beschwerten sichisraelische und linke Teilnehmer über das Vorgehen der Polizei gegensie. Al Quds - der arabische Name für Jerusalem - ist eingesetzlicher Feiertag im Iran. Die rund 600 Teilnehmer des Al-Quds-Aufmarsches bestreiten das Existenzrecht Israels.

Als „skandalös“bezeichnete ein Sprecher der Linksjugend, dass die Polizei den rund200 Gegendemonstranten das Sprechen in Englisch und Hebräisch, dasTragen von Transparenten in diesen Sprachen und das Tragen der Fahneder israelischen Hauptstadt verboten habe und diese beschlagnahmte.

Kritisiert wurde auch, dass im Anschluss eine unschuldige Teilnehmerin „willkürlich“ festgenommen wurde. Polizeibeamte hätten Mitglieder der Jüdischen Gemeinde „angebrüllt“, die sich über dieses Vorgehen beschwert hätten. Gegen die antisemtischen Demonstranten sei hingegen nicht vorgegangen worden.

Die Polizei nehme die Beschwerden „sehr ernst“, sagte ein Sprecher am Sonntag in Berlin. „Wir können den Vorwürfen noch nicht widersprechen. Der Vorgang wird überprüft.“ Mit einem Ergebnis der Untersuchung werde in den kommenden Tagen gerechnet.