Obama will Amerika retten, nicht die Welt

Der US-Präsident legt die Schwerpunkte seiner letzten Amtszeit fest: Infrastruktur, Wirtschaft, Bildung.

Washington. Die Rede zur Lage der Nation eines US-Präsidenten ist eine Art Regierungserklärung, nur viel feierlicher als in Deutschland. Große Worte, Visionen, hochfliegende Pläne — Barack Obama kommt es darauf an, den Grundton für die nächsten vier Jahre zu setzen. Armut bekämpfen, schreiende Ungerechtigkeiten beseitigen, marode Infrastruktur und leidende Industriezweige wiederaufbauen — der Präsident will sich sein Vermächtnis sichern.

Die Botschaft in Kurzform lautet: „God’s own country (Amerika)“ soll im knallharten, globalen Wettbewerb wieder zur unumstrittenen Nummer eins werden. Sogar die Republikaner klatschten streckenweise Beifall. Die zweite Botschaft: Die Außenpolitik ist in die zweite Reihe gerückt.

Obama beschönigt nichts an der Lage der Nation. Es ist streckenweise emotional, mitunter eine aufwühlende Rede. Der US-Präsident spricht auch von 70 000 maroden Brücken des Landes, die dringend repariert werden müssen. Er spricht die Verzerrungen des Steuerrechts an, das Milliardären einen günstigeren Steuersatz beschert als ihren Sekretärinnen. Immer wieder nimmt er die Kluft zwischen Arm und Reich ins Visier: „Es ist unsere unvollendete Aufgabe sicherzustellen, dass diese Regierung für viele arbeitet und nicht nur für wenige.“

„In seiner ersten „State of the Union“-Rede seit seiner Wiederwahl präsentiert Obama eine teure Agenda, die weitgehend auf Wirtschaft und Jobs zielt“, meint die „New York Times“. Es ist ein Blick nach innen, den er an diesem Abend präsentiert. Als er vor vier Jahren ins Weiße Haus einzog, wollte Obama die Welt verändern. Diesmal widmete er dem Massaker in Syrien gerade mal einen Satz. Israel: ein Satz. Nordkorea: zwei Sätze.

Beiläufig erwähnt Obama, dass er mit Russland eine weitere Reduzierung der Atomwaffen erreichen will. Will Obama Außenpolitik in den nächsten vier Jahren auf Sparflamme fahren? Angesichts der Probleme wird er sich das kaum leisten können.