Oldtimer in Kuba: ... und läuft und läuft und läuft

Die Kubaner dürfen jetzt auch Neuwagen kaufen. Doch nur wenige haben dafür das nötige Geld. Sie fahren weiter ihre Oldtimer.

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Havanna. Das Bild ist auch bei deutschen Karibik-Touristen beliebt: Ein amerikanischer Schlitten aus den 1950er Jahren, der am Meer die berühmte Uferpromenade Malecón in Havanna entlang rattert — eine Zeitreise. Seit Jahren gilt das sozialistische Kuba als Paradies für Oldtimer-Liebhaber. Das nostalgische Gefühl könnte sich aber bald ändern. Denn die Castro-Regierung erlaubt ihren Bürgern ab sofort den Kauf von Neuwagen.

Die Reform erfreut die Bevölkerung, auch wenn nur wenige davon profitieren werden. Am Freitag trat die neue Regelung in Kraft, die den Kubanern den freien Erwerb von Autos offiziell erlaubt. Jeder, der es sich leisten kann, darf nun zum stolzen Besitzer eines frisch importierten Neuwagens aufsteigen.

Jahrzehntelang war dies fast unmöglich gewesen. Kurz nach der Revolution von 1959 hatte Kuba den freien Autohandel weitgehend verboten. Neuwagen wurden in der Regel nur vom Staat als Prämie an Regierungsbeamte oder Ärzte vergeben.

Eingeführt wurden vor allem sowjetische Modelle wie die inzwischen veralteten Lada oder Moskwitsch. Für den privaten Erwerb benötigte man eine Sondergenehmigung, die oft erst nach jahrelanger Wartezeit erteilt wurde. Die strikte Regelung galt auch für auf der Insel lebende Ausländer. Nur mit Autos, die vor 1959 gebaut wurden, durfte frei gehandelt werden. So entstand eine der wohl bekanntesten Tourismus-Attraktionen Havannas: hochbetagte Fahrzeuge, die ausländische Besucher durch die Hauptstadt kutschieren oder ihren Dienst als öffentliche Verkehrsmittel für die Bevölkerung verrichten.

Seit Jahresbeginn können nun importierte Autos frei zu marktüblichen Preisen erworben werden, heißt es in einem aktuellen Amtsblatt. Die Reform gilt für Motorräder bis hin zu Kleinlasttransportern, sie war im Dezember angekündigt worden. „Es ist gut, dass es so etwas gibt“, sagt René. Der pensionierte Volkswirt wollte sich gleich ein Bild vom Angebot machen. Mit einer Handvoll Interessierter stand er vor dem Geschäft eines staatlichen Autohändlers, wo moderne Pkw bislang nur gegen Vorlage der Sondergenehmigung verkauft werden durften. „Damit bringen wir uns in Einklang mit der Welt“, glaubt der 69-Jährige.

Es bleiben aber offene Fragen — zum Beispiel, ob der Staat weitere Händlerfilialen eröffnen oder Obergrenzen für die Einfuhr von Kraftwagen setzen wird. „Wir müssen sehen, welche staatlichen Unternehmen für den Verkauf bestimmt werden“, erklärt Fabio Moretti. Der 45-jährige Italiener ist in Havanna Stellvertreter der Lichtensteiner Importfirma Finauto. Seit 20 Jahren bringt das Unternehmen Neuwagen nach Kuba.

Bislang durfte die Firma direkt nur an Diplomaten und ausgewählte ausländische Firmen verkaufen. Die künftige Entwicklung ist für Moretti noch unklar. Man wisse etwa nicht, wie sich die Endpreise gestalten werden. Er glaube aber, dass der Verkauf steigen werde.

Der Erwerb eines neuen Autos wird trotzdem für viele Kubaner ein Traum bleiben. Am Tag vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes werden chinesische Wagen für rund 25 000 US-Dollar (etwa 18 300 Euro) angeboten, für einen Hyundai sind sogar rund 37 000 Dollar fällig. Das ist eigentlich unbezahlbar in einem Land, in dem der durchschnittliche Monatslohn bei etwa 20 US-Dollar liegt. Und ohne die Sondergenehmigung, vermuten die Kubaner, dürfte alles bald noch teurer werden.