Phantom-Anrufe: Wenn das Handy kein Mal klingelt
Laut einer Umfrage bilden sich 25 Millionen Deutsche das vermeintliche Läuten oder Vibrieren nur ein.
Berlin. Wer kennt es nicht? Das Handy klingelt oder vibriert. Panisch wird in Jacken-, Hosen- oder Handtasche gesucht. Man kramt und kramt — hält man das Mobiltelefon dann endlich in der Hand, zeigt der Blick aufs Display: Nichts, kein Anruf, keine Kurznachricht.
Es gibt ein Wort für dieses Phänomen: Phantomklingeln oder -vibrieren. Rund 25 Millionen Deutsche „leiden“ darunter. Das ergab nun eine Umfrage des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) unter mehr als 1000 Menschen ab 14 Jahren.
39 Prozent der Mobiltelefonbesitzer gaben an, Phantomanrufe wahrzunehmen. Wobei Männer (42 Prozent) häufiger davon berichten als Frauen (36 Prozent). Am schlimmsten trifft es die Jüngeren: Die Hälfte der Handynutzer unter 30 Jahren (50 Prozent) ist betroffen. Bei den Senioren sind es nur 20 Prozent.
Aber woher kommt das Phantomklingeln? Professor Karl Gegenfurtner, Psychologe mit Schwerpunkt Wahrnehmung an der Uni Gießen, erklärt das Phänomen im Gespräch mit unserer Zeitung so: Im Nervensystem werden nonstop Reize versendet. Die nimmt der Mensch aber nur dann wahr, wenn sie sinnvoll erscheinen. „Eigentlich würden wir dieses Sinnesrauschen ignorieren“, sagt der Psychologe. Eigentlich, doch der Handynutzer erwarte mittlerweile, jederzeit angefunkt zu werden.
Dazu passt ein weiteres Ergebnis der Bitkom-Umfrage: Gut jeder dritte Handybesitzer (35 Prozent) findet es merkwürdig, wenn er einen Tag lang keine Anrufe und Kurznachrichten bekommt. Trifft das von Gegenfurtner beschriebene Sinnesrauschen also auf eine bestimmte Erwartungshaltung, nimmt der Körper etwas wahr, das nicht da ist. „Es kommt ja auch immer mal wieder vor, dass man doch einen Anruf oder eine Nachricht verpasst“, sagt der Psychologe und ist selbst nicht gefeit: Auch er leidet manchmal unter Phantomanrufen.