Privatkameras: Stumme Beobachter im Alltag

Der Datenschutzbeauftragte oder Gerichte können eine Überwachung verbieten, wie einige Beispiele zeigen.

Foto: Oliver Berg

Düsseldorf. An Bahnhöfen, Bankautomaten, in Bussen und Bahnen, Einkaufspassagen und Supermärkten hängen sie, verfolgen uns stumm. Viele hunderttausend Kameras sind es mittlerweile, die in Deutschland ihre Objektive in den öffentlichen Raum richten. Der Wildwuchs scheint nahezulegen, dass es keine Regeln gibt. Doch dem ist nicht so: Niemand ist der alltäglichen Überwachung schutzlos ausgeliefert. Das beweisen immer wieder Fälle, die vor Gericht landen.

Ein Hauseigentümer, der seine vier Wände vor Einbrechern schützen will, muss sicherstellen, dass Bild- oder Filmaufzeichnungen sich nicht auf einen der Öffentlichkeit zugänglichen Bereich beziehen. Die Kameras dürfen also nicht auf den Weg vor der Haustür und auch nicht auf das Nachbargrundstück gerichtet sein. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Az. VI ZR 176/09).

Grund: Eine Videoüberwachung greift in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung derjenigen ein, die befürchten müssen, dass sie gefilmt oder fotografiert werden. Durchaus aber darf etwa der eigene Garten oder die eigene Terrasse auf diese Weise überwacht werden. Dieser ist ja kein öffentlich zugänglicher Raum und fällt daher gar nicht unter den Schutzbereich des Paragraf 6 b des Bundesdatenschutzgesetzes (siehe Infokasten).

Einen Fall, in dem ein Hauseigentümer zu weit gegangen war, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. I-3 Wx 199/06) entschieden. Nach zweimaliger Beschädigung ihres Autos auf dem Stellplatz vor dem Haus hatte eine Frau eine Kamera auf ihrem Balkon installieren lassen. Gerichtet auf den Platz vor dem Haus. Ein anderer Wohnungseigentümer klagte auf Entfernung der Kamera, weil er immer wieder ungewollt ins Bild komme und nicht wissen könne, was mit den Filmen geschehe.

Das Gericht gab ihm Recht. Der Nachbar habe keine Kontrolle darüber, ob die Aufnahmen gelöscht oder doch „in irgendeiner Form weiterverwendet werden“. Und das, so die Richter, sei eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild. Schon die Möglichkeit einer dauernden Beobachtung und der Weiterverwendung der gespeicherten Bilder stelle eine große Beeinträchtigung dar. Die Kamera musste weg.

Anders beurteilte der BGH (Az. V ZR 210/10) den Fall einer sogenannten Klingel-Cam. Diese in das Klingeltableau eingebaute Videokamera, die den Besucher identifizieren soll, ist ein mittlerweile verbreiteter Schutz dagegen, dass unerwünschte Gäste ins Haus kommen. Ein Miteigentümer klagte dagegen, weil er auch ins Bild geraten könne und sich daher beobachtet fühle.

Der BGH teilte diese Skepsis aber nicht. Nur wer klingelt oder zufällig daneben steht, werde von der Kamera erfasst. Ein am Klingeltableau eines Wohnanwesens angebrachtes Videoauge sei nicht geeignet, den Eindruck einer ununterbrochenen Videoüberwachung des Eingangsbereichs zu erwecken. Jeder wisse, dass die Kamera nicht dauerhaft Bilder übertrage, sondern lediglich zur Einlasskontrolle diene.

Nun gilt der Paragraf 6 b des Bundesdatenschutzgesetzes, der der Überwachung von Kameras Grenzen setzt, nur dann, wenn die Kamera in den öffentlich zugänglichen Raum gerichtet ist. Der Arbeitsplatz zählt nicht dazu. Doch auch hier sind die Arbeitnehmer freilich nicht schutzlos.

Zwar können in gewissen Fällen auch hier Kameras zulässigerweise installiert sein, zum Beispiel im Tresorraum einer Bank. Aber immer ist das Interesse des Arbeitgebers abzuwägen gegen das Persönlichkeitsrecht des Angestellten. Allein die Effizienz des Angestellten zu überwachen, ist kein Rechtfertigungsgrund. Ebenso wenig darf eine Kamera in Toilettenräumen oder Umkleiden installiert werden.