Videoüberwachung: Viele kleine Brüder beobachten uns
Das Netz der Videoüberwachung durch Private wird enger.
Dass die Kameraaugen, die uns auf Schritt und Tritt in der Öffentlichkeit verfolgen, jede für sich ihren Sinn haben können, ist unbestritten. Die Bank, der Händler oder der Tankstellenpächter — sie alle haben nachvollziehbare Interessen. Sie wollen ihr Eigentum schützen. Ebenso leuchtet ein, dass Kameras in Bus und Bahn, auf Bahnsteigen und in Bahnhöfen die Sicherheit steigern sollen. Oft genug werden Täter mit Hilfe der später als Fahndungsfotos veröffentlichten Aufnahmen gefasst. Gut so. Doch leicht schlägt das Ganze in Hysterie um. Es ist gar nicht mehr der „große Bruder“ aus dem Horrorszenario von George Orwell, der uns alle überwacht. Es sind die zigtausenden „kleinen Brüder“, die den öffentlich zugänglichen Raum mit ihren Kameraaugen scannen. Immer dichter wird das Netz.
Nun wird manch einer sagen: Egal, ich habe doch nichts zu verbergen. Doch ist der erhoffte Sicherheitsgewinn wirklich höher zu bewerten als der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht? Und ein solcher Eingriff ist es doch wohl, wenn — ein Beispiel — zwei Menschen im Bus sitzen, aber nicht wissen, ob die ausgetauschten Küsse registriert werden: Wer schaut zu, wer speichert gar?
Je mehr sich Kameras im öffentlichen Raum ausbreiten, umso mehr werden wir alle das Gefühl verlieren, uns überhaupt noch irgendwo ungezwungen bewegen zu können. Ob auf der Straße, im Park oder selbst in Gaststätten — ja, auch da gibt es teilweise schon Kameraaugen, die die Gäste beobachten. Gastfreundschaft?
Hinzu kommen die mobilen Geräte. Noch sind es vor allem Handykameras, die die jederzeitige Aufnahme immer einfacher und preisgünstiger gemacht haben. Doch schon stößt die Technik in neue Dimensionen vor. Die Internetbrille von Google etwa, deren Träger das unbemerkt geschossene Foto auch noch direkt ins Netz hochladen kann. Oder die mit einer Kamera bestückte Drohne, die surrend vor meinem Balkon auftaucht.
Gewiss, gegen all das gibt es rechtliche Gegenwehr bis hin zu strafrechtlichen Vorschriften. Es hängt von uns allen ab, ob wir die Bedrohung ernst nehmen und Grenzen setzen. Sei es durch Klage, Strafanzeige oder einen Hinweis an den Datenschutzbeauftragten.