Merkel, Cameron und Hollande drohen Putin mit schärferen Sanktionen

Paris/London/Tores (dpa) - Nach massiven Klagen über Behinderungen am Absturzort der malaysischen Boeing reisen Luftfahrt-Experten in das von Rebellen kontrollierte Gebiet bei Donezk.

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Die Niederlande werden die internationale Identifizierung der Opfer in der Ostukraine koordinieren, gab der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte am Sonntagabend in Den Haag bekannt. Beim Absturz des Passagierflugzeugs waren am Donnerstag alle 298 Menschen an Bord getötet worden, darunter 193 Niederländer. Die USA haben den Verdacht geäußert, dass die Aufständischen die Boeing mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen haben.

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Um eine bedingungslose Kooperation der Separatisten zu erzwingen, verstärkt die internationale Gemeinschaft den Druck auf Russland. Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident François Hollande und der britische Premierminister David Cameron drohten Moskau mit einer Ausweitung der EU-Sanktionen. Präsident Wladimir Putin müsse umgehend auf die moskautreuen Rebellen einwirken, um den ungehinderten Zugang der Ermittler zum Absturzgebiet zu gewährleisten, hieß es in Paris und London.

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Ukrainer gedenken der Opfer des Flugzeugabsturzes
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Merkel forderte nach Angaben eines Sprechers Putin zum wiederholten Mal eindringlich auf, Einfluss auf die Separatisten zu nehmen. Es müsse so schnell wie möglich ein direktes Treffen der Kontaktgruppe — bestehend aus Vertretern der Ukraine,
Russlands und der OSZE — mit den prorussischen Aufständischen zustande kommen, teilte die Bundesregierung nach einem Telefonat der beiden Politiker am Sonntag mit. Der Umgang der Aufständischen mit den Opfern des Flugzeugabsturzes sei „katastrophal“.

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„Das ist Augenblick der Wahrheit für Putin“, sagte auch US-Außenminister John Kerry am Sonntag im US-Sender CNN. Es gebe eine enorme Menge von Fakten, die die russische Verbindung zu den Separatisten belegten. Dazu gehörten die Ausbildung und die Versorgung der Rebellen mit Waffen, fügte er im Sender ABC dazu. Kerry rief die Europäer in mehreren TV-Talkshows auf, dem Beispiel Washingtons zu folgen und ihre Sanktionen zu verschärfen.

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Flugzeugabsturz über der Ukraine
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Bei dem Absturz waren am Donnerstag alle 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder an Bord der Boeing 777-200 der Malaysia Airlines ums Leben gekommen - unter ihnen 193 Niederländer und 4 deutsche Frauen. Bis Sonntag waren noch immer nicht alle Todesopfer geborgen worden.

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Die Regierung in Kiew und die prorussischen Separatisten bezichtigen sich gegenseitig, die Maschine abgeschossen zu haben. Seit Tagen fordern Politiker aus aller Welt eine rasche, umfassende und vor allem unabhängige Untersuchung der Absturzursache.

Sollte Russland dazu nicht „unverzüglich die nötigen Maßnahmen ergreifen“, werde dies beim EU-Außenministerrat am Dienstag Konsequenzen haben, hieß es in Paris weiter. Bisher hat die EU Sanktionen gegen Einzelpersonen und Unternehmen verhängt, aber nicht gegen ganze russische Wirtschaftszweige.

Die britische Regierung erklärte in London, Cameron habe am Morgen mit Merkel und Hollande telefoniert. „Bei beiden Anrufen ging es um zwei wichtige Fragen: Den Zugang zur Absturzstelle und die Haltung der EU zu Russland in Anbetracht der Tatsache, dass alles darauf hindeutet, dass die Rakete von prorussischen Separatisten abgeschossen wurde“, sagte ein Sprecher. „Sie waren sich alle einig, dass die EU ihre Haltung zu Russland überdenken muss und dass die Außenminister bereit sein sollen, weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen, wenn sie sich am Dienstag treffen.“

Auch in den Niederlanden, von wo 193 der Opfer stammen, wurde der Ton schärfer. Putin müsse „den Niederlanden und der Welt beweisen, dass er tut, was von ihm erwartet wird: Seinen Einfluss ausüben“, sagte Ministerpräsident Mark Rutte am Samstagabend in Den Haag.

Bewaffnete Separatisten und chaotische Zustände behinderten am Wochenende am Absturzort eine Untersuchung der Wrackteile massiv. Bis zu 900 Aufständische würden die Rettungskräfte nahe der Ortschaft Grabowo ständig überwachen und erheblich einschränken, klagte der ukrainische Vize-Regierungschef Wladimir Groisman am Sonntag.

Die Suche nach Leichen und Trümmern wurde auf eine Fläche von 34 Quadratkilometer ausgeweitet. Die sterblichen Überreste zahlreicher Opfer wurden nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vom Absturzort zunächst in die ostukrainische Stadt Tores gebracht. Drei Kühlwaggons stünden inzwischen auf dem örtlichen Bahnhof, sagte OSZE-Vertreter Michael Bociurkiw. Die Separatisten hätten von 167 Opfern in den Waggons gesprochen, diese Zahl habe aber nicht geprüft werden können. Groisman sagte, im Zug seien 192 Leichen und 8 „Fragmente“.

Die Waggons sollen bis zum Eintreffen internationaler Experten in Tores bleiben. Zuvor hatte die russische Staatsagentur Ria Nowosti gemeldet, dass der Zug über Ilowaisk nach Donezk fahren werde. Dem widersprach aber Separatistenanführer Alexander Borodaj. „Wir haben nicht vor, die Körper vor der Ankunft der Experten irgendwohin zu bringen. Die Regierung verzögert aber dieses Eintreffen“, sagte er.

Borodaj sagte weiter: „Die Flugschreiber sind in Donezk, und wir übergeben sie nur internationalen Organisationen. Die ukrainische Regierung wird die Daten sonst fälschen.“ Die Führung in Kiew wirft dagegen den militanten Gruppen das Vernichten von Beweisen vor.

Inzwischen sind zahlreiche internationale Luftfahrt- und Identifizierungsexperten unterwegs. Das Bundeskriminalamt (BKA) entsandte zwei Fachleute, die bei der Identifizierung der Opfer helfen sollen. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums machten sich zudem der Direktor ‎der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU), Ulf Kramer, und ein weiterer BFU-Mitarbeiter auf den Weg. Problematisch ist nach OSZE-Angaben, dass die Absturzstelle nicht - wie bei solchen Katastrophen eigentlich üblich - abgesperrt ist.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko lehnte direkte Verhandlungen mit den Separatisten ab. Die Aufständischen hätten mit dem Abschuss der Maschine einen „Terrorakt“ begangen, betonte der prowestliche Staatschef. Das russische Außenminister Sergej Lawrow wies jegliche Verantwortung von sich und kritisierte Berichte über einen angeblichen Abschuss der Maschine als „voreilig“.