Rückkehr von Althaus stiftet Verwirrung

Erfurt. Mit seinen einsamen Entscheidungen verwirrt derzurückgetretene Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU)weiterhin Freund und Feind. Nachdem er vor vier Tagen ohne Erklärungüberraschend alles hingeschmissen hat, will er an diesem Dienstagwieder auf seinen Posten zurückkehren.

„Pflichtbewusst“, so heißt esaus der Staatskanzlei, übernimmt er als geschäftsführenderMinisterpräsident die Leitung der Kabinettssitzung. Bereits zuvor warbekanntgeworden, dass er auch sein Landtagsmandat antreten will.

In den Reihen der CDU will niemand dieses Vorgehen kommentieren, aberin der Opposition erntet Althaus nur ungläubiges Staunen undKopfschütteln. „Er kann offenbar nicht loslassen und will bei seinerNachfolge wohl noch ein Wort mitsprechen“, sagt ein führendes Mitgliedder Sozialdemokraten.

Offiziell hält sich die SPD, die am Donnerstagerneut mit der CDU über eine mögliche Koalition verhandelt, zurück.Parteichef Christoph Matschie belässt es bei der Mahnung: „Die CDU mussjetzt schnell klären, wer die Fäden in der Hand hat.“

Regierungssprecher Fried Dahmen versucht, die Althaus-Rückkehrherunterzuspielen. „Was Althaus zu sagen hat, wird er alles am Dienstagerzählen.“ Die Entscheidung sei am Wochenende gefallen. Dabei verweistDahmen auf Artikel 75 der Landesverfassung.

Darin heißt es, dass derMinisterpräsident so lange im Amt bleibt, bis ein Nachfolger gewähltist. Daran ändert sich auch nichts, wenn er wie nun Althaus dieAmtsgeschäfte an seine Stellvertreterin Birgit Diezel übergibt. „Sobalder die Staatskanzlei betritt - und sei es nur, um seinen Schreibtischaufzuräumen - ist er wieder im Amt.“

Diezel will sich nicht äußern, ebenso wenig Sozialministerin ChristineLieberknecht, der die besten Chancen für die Althaus- Nachfolgezugeschrieben werden. Sie hatten wohl fest damit gerechnet, dass sichAlthaus krankmelden oder Urlaub beantragen würde. Doch er entschiedanders. „Er will für eine geordnete Übergabe sorgen“, willCDU-Landesgeschäftsführer Andreas Minschke Licht ins Dunkel bringen.Althaus habe eine Auszeit genommen und stehe jetzt wieder bereit.

Bei seinem Rücktritt vor vier Tagen hatte der Regierungschef dagegenweniger Wert auf Formalien gelegt. Seine Parteifreunde und dieÖffentlichkeit speiste er mit einem kargen Satz ab und verschanzte sichohne weiteren Kommentar in sein Haus in nordthüringischenHeiligenstadt.

Am Abend ließ er durch den Fraktionsvorsitzenden MikeMohring wissen, dass er die Sondierungsgespräche mit der SPD nichtdurch Äußerungen stören werde. Die CDU kann nach dem Wahldebakel am 30.August mit einem Minus von knapp 12 Prozent nicht mehr alleineregieren.

Bereits am Wochenende hatte die Ankündigung für Verwunderung gesorgt,dass Althaus sein Landtagsmandat antreten will. Auch diesen Schrittverteidigt Minschke mit Blick auf das Wahlergebnis. Althaus holte 54,2Prozent der Erststimmen in seinem Wahlkreis im Eichsfeld und damit denbesten Wert in Thüringen. Dass ein zurückgetretener Ministerpräsidentim Landtag eine Belastung für die Partei und dieKoalitionsverhandlungen darstellen könnte, sieht Minschke nicht.

Für den Spitzenkandidaten der Linken, Bodo Ramelow, ergibt dieEntscheidung von Althaus keinen Sinn. „Mit der Art seines Rücktrittshat er deutlich zu verstehen gegeben, dass er sich aus der ThüringerPolitik zurückziehen will.“ Der Realitätsverlust sei offenbargravierender als gedacht.

Ramelow führt das auf die Folgen des schwerenSkiunfalls am Neujahrstag zurück, als eine Frau starb und Althaus einschweres Schädel-Hirntrauma erlitt. „Er muss sich jetzt die Zeitnehmen, um sich mit den traumatischen Folgen auseinanderzusetzen.“