Sarkozy funkt auf allen Ebenen dazwischen
Der französische Präsident inszeniert sich weiter als Krisenmanager.
Paris. Mirek Topolanek hat es nicht einfach. Der tschechische Ministerpräsident übernahm gestern turnusgemäß die Amtsgeschäfte der EU. Damit wird der konservative Regierungschef in Prag zum Feuerwehrmann, denn es brennt an allen Ecken. Europa steckt in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Mit der unerwarteten Eskalation der Gewalt in Nahost muss sich der 52-Jährige zudem einer schweren und kaum lösbaren Krise stellen.
Und dann ist da noch sein Amtsvorgänger in der EU, Nicolas Sarkozy aus Frankreich. Der gehetzte Herr der Grande Nation kann sich nicht so richtig damit abfinden, einfacher Staatspräsident eines - freilich wichtigen - EU-Mitgliedstaats zu sein. Monsieur le Président will weiter auf der internationalen Bühne etwas zu sagen haben. Und ob er das im Namen der EU oder Frankreichs tut, scheint ihm fast egal zu sein.
Sarkozy funkt also kräftig dazwischen. Bei seiner traditionellen Neujahrsansprache kündigte er an, von Montag an im Nahen Osten nach "Wegen für den Frieden" suchen zu wollen. In der kommenden Woche werden auch hochrangige Vertreter der EU - unter ihnen EU-Chefdiplomat Javier Solana - in der Krisenregion unterwegs sein. "Hoffentlich tritt man sich nicht irgendwo auf die Füße", meinte ein Brüsseler EU-Diplomat am Neujahrstag mit einer kräftigen Portion Galgenhumor.
Die bedächtigen Tschechen haben es kommen sehen. Der Stern Sarkozys funkelt einfach zu hell. Er vermittelte im zurückliegenden Jahr im Namen der EU beim russischen Amtskollegen Dmitri Medwedew im Georgien-Konflikt. Der blitzschnelle Franzose mit ungarischen Wurzeln einte Europa im Kampf gegen die gefährliche Finanzkrise. Selbst hartgesottene Kritiker wie der Fraktionschef der Sozialisten im Europaparlament, Martin Schulz (SPD), zollten Beifall.
"Ich möchte eine sehr sachliche (EU-)Präsidentschaft haben", sagte Prags Außenminister Karel Schwarzenberg unlängst der britischen "The Financial Times". Er setzte sich mit dieser nüchternen Art von dem eiligen Franzosen ab. Der Kanzleichef des früheren Präsidenten Vaclav Havel fügte hinzu: "Große Shows sind unsere Sache nicht."
Diplomaten, die in Brüssel die Kärrnerarbeit leisten, werden bisweilen sehr deutlich. Die tschechische EU-Botschafterin Milena Vicenova meint, "die französische Attitüde war manchmal zu dominant". Es sei manchmal schwierig, einem Land zu folgen, das schon zwölf Mal die Amtsgeschäfte der EU geführt habe. Prag werde sehr genau darauf achten, dass sich Sarkozy an die Spielregeln halte.
Die Idee Sarkozys, die Gruppe der EU-Länder mit der gemeinsamen Euro-Währung zu führen, hatte Tschechien - wie auch Deutschland - sofort abgelehnt. Der Herr des Elysée-Palasts lässt aber offensichtlich nicht locker. Wie die gut informierte Pariser satirische Wochenzeitung "Le Canard enchaîné" berichtet, plant Sarkozy mit den spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodriguez Zapatero eine Art "Tandempräsidentschaft" einer erneuerten Eurogruppe.
Auch von Gipfeltreffen, die während der französischen Ratspräsidentschaft so häufig einberufen worden waren wie selten zuvor, hat Sarkozy noch nicht genug. Im Januar steht bereits ein erster "Gipfel" in Paris an, auf dem er mit dem britischen Ex-Premierminister Tony Blair und Nobelpreisträgern über nichts Geringeres als eine neue Weltordnung diskutieren will.