Sarrazin: Neues Buch, neuer Streit

Der Volkswirt hält den Euro für überflüssig.

Berlin. Dieselben großen Buchstaben, ein schwarz-rot-weißer Einband und wieder ein provokanter Titel: Thilo Sarrazin hat nach seinem umstrittenen Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ ein neues Buch geschrieben. Diesmal hält er den Euro für überflüssig — Applaus nicht nur von den Stammtischen ist ihm gewiss.

Im aktuellen Werk „Europa braucht den Euro nicht — Wie uns politisches Wunschdenken in die Krise geführt hat“ rechnet der 67-jährige Ex-Spitzenbeamte, Ex-Senator und Ex-Bundesbanker mit der Währungsunion ab.

Einen besseren Zeitpunkt hätten Autor und Verlag aber nicht wählen können, steht die 13 Jahre alte Gemeinschaftswährung doch vor einer Zerreißprobe.

Auf den etwa 420 Seiten Text kommt Sarrazin weitgehend ohne die ihm sonst eigenen Provokationen aus. Das Vokabular ist fast harmlos, er bleibt aber Populist. Pseudowissenschaftliche Aussagen fehlen nicht, etwa zum Zusammenhang zwischen der Finanzsolidität eines Landes und der jeweiligen Sonnenscheindauer. Auflagensteigernde Beachtung ist Sarrazin sicher, wenn er vom „Dilemma Deutschlands“ schreibt: Dem anhaltenden „Gefangensein in der Schuld der Nachkriegszeit“.

Die Bankenkrise beleuchtet Sarrazin relativ kurz. Griechenland ist für ihn ein „besonders hoffnungsloser Fall“, eine Sanierung sei möglich, aber „extrem unwahrscheinlich“. Eine Rückkehr Athens zur Drachme hält Sarrazin für machbar. Auch andere Länder, die unter der Disziplin der gemeinsamen Währung nicht leben könnten oder wollten, sollten zur nationalen Währung zurückkehren können.

Unterm Strich gibt Sarrazin dem Euro nur unter bestimmten Bedingungen eine Chance. Er vermeidet aber jede Prognose und auch verantwortbare Lösungsvorschläge oder Empfehlungen.

Der Besserwisser Sarrazin kommt auch durch. Staatschefs und ihren Beratern wirft er vor, sie durchschauten die Krise kaum: „Sie bestimmen nicht den Kurs, sondern reagieren bestenfalls.“ Die „Drohformel“ von Kanzlerin Angela Merkel („Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“) nennt Sarrazin „unscharf“, „falsch“ oder „oberflächlich“. Selbst vor einem Vergleich mit Erich Honecker und dessen Spruch vor dem Ende der DDR („Vorwärts immer, rückwärts nimmer“) schreckt er nicht zurück. Er, Sarrazin, jedenfalls setze dem „Geraune von (. . .) Endzeitgeschehen“ seine „pragmatische These entgegen: „Europa braucht den Euro nicht“.