Schäuble bittet um Vertrauen in Milliarden-Hilfe für Spanien
Berlin (dpa) - Mit einem dringenden Appell zur Euro-Stabilisierung hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble um Vertrauen in die 100- Milliarden-Hilfe für spanische Banken geworben und strikte Kontrolle versprochen.
Der CDU-Politiker mahnte in einem der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag in Berlin vorliegenden Schreiben an Bundestagspräsident Norbert Lammert vom 16. Juli, das Darlehen zur Rekapitalisierung der maroden Banken sei unabweisbar, „um die Sicherung der Stabilität in der Eurozone insgesamt zu gewährleisten.“
Schäuble garantierte strenge Auflagen. Diese wurden am 9. Juli von den 17 Euro-Finanzministern in einer Absichtserklärung festgehalten, einem sogenannten Memorandum of Understanding.
An diesem Mittwoch will Schäuble das Bundeskabinett und den Haushaltsausschuss des Bundestages über das Verfahren noch einmal informieren. Der Haushaltsausschuss will in seiner Sondersitzung am Abend kein Votum zu der Finanzhilfe abgeben. Eine Vorfestlegung solle vermieden werden, bestätigte der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke einen Bericht der „Bild“-Zeitung. Die Entscheidung stehe ausschließlich dem Plenum zu, sagte Fricke der dpa.
Der Bundestag will am Donnerstag in einer Sondersitzung über den Antrag der spanischen Regierung auf bis zu 100 Milliarden Euro Hilfen aus dem Rettungsschirm EFSF abstimmen. Der schwarz-gelben Koalition von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reicht die einfache Mehrheit. Die Kanzlermehrheit - eine Stimme mehr als die Hälfte der Sitze - strebt Merkel nicht an. Beim Beschluss über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt Ende Juni hatte sie die Kanzlermehrheit erneut verfehlt.
Schäuble verwies in seinem Brief darauf, dass die spanische Regierung als Vertragspartner für die aus dem Kredit erwachsenen Verpflichtungen einstehe. Das Darlehen soll allerdings ohne sogenannten bevorrechtigten Gläubigerstatus gezahlt werden. Das heißt, im Fall einer Staatspleite nehmen die Kreditgeber einen hinteren Rang bei der Rückzahlung ein. Damit solle der Marktzugang Spaniens gesichert werden. Die Eurogruppe soll am 20. Juli über das Memorandum entscheiden; Spanien soll es am 24. Juli unterzeichnen.
Der Parlamentarische Unionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte dem Handelsblatt (Mittwoch): „Ich bin sehr optimistisch, dass die große Mehrheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Hilfen für Spanien zustimmen wird.“ Entscheidend sei, dass Spanien hafte.
Nach dem Memorandum of Understanding solle als vertrauensbildende Maßnahme die erste Tranche von 30 Milliarden Euro nur ausgezahlt werden, wenn akute Notfälle bei spanischen Banken auftreten. Der Großteil des Geldes wird zum Jahresende ausgezahlt sein. Für die einzelnen Banken müssen Restrukturierungspläne erstellt werden. Jede Verwendung der Mittel muss die spanische Zentralbank begründen. EU-Kommission, Europäische Zentralbank und eine Gremium der Eurogruppe müssen dies billigen.
Schäuble bittet in dem Brief an Lammert ferner um Zustimmung des Bundestags zur Übertragung von Rechten und Pflichten des EFSF auf den geplanten dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM. Dabei solle eben dieser EFSF-Status beibehalten werden, wonach es keinen bevorrechtigten Gläubigerstatus gibt. Ursprünglich sollte der ESM zum 1. Juli in Kraft treten. In mehreren Euro-Ländern wurde er aber noch nicht beschlossen. In Deutschland wird zunächst das Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 12. September abgewartet, ob der ESM Grundrechte der Abgeordneten missachtet.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Lars Lindemann kritisierte den Entscheidungsprozess scharf. In einem Gespräch mit der dpa kündigte er sein Nein am Donnerstag zu der Finanzhilfe an. Es könne nicht sein, dass sich das Bundesverfassungsgericht ganz selbstverständlich Zeit für eine sachgerechte Prüfung des Euro-Rettungsverträge nehme, der Bundestag aber darauf verzichte. „Hier wird der Eindruck erweckt, dass das Parlament zum Abnicker gemacht wird.“