Schlagabtausch um Wuppertaler Steuerfahnder

SPD und Grüne werfen dem CDU-Finanzminister Schwächung der Behörde vor. Lienenkämper rechtfertigt Verfahren.

Düsseldorf. Es sollte eine „Aktuelle Viertelstunde“ werden, am Donnerstag im Haushaltsausschuss des Landtags. Doch es wurden aktuelle 50 Minuten und eine politische Anklage gegen NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU), der sich den Fragen der Abgeordneten stellte. Das Thema: der Wechsel zweier erfahrener Steuerfahnder des für den Ankauf von Steuer-CDs bekannten Wuppertaler Finanzamts zu einer Anwaltskanzlei. Deloitte Legal hatte stolz verkündet: „Mit Frau Höfer-Grosjean und Herrn Radermacher konnten wir zwei deutschlandweit bekannte und renommierte Steuerstrafrechtsexperten gewinnen.“ Und zwar für die Betreuung „unserer großen nationalen und internationalen Mandanten, insbesondere bei der rechtssicheren Umsetzung steuerlicher Vorgaben in der Finanzwirtschaft oder Industrie“.

Lienenkämpers Vorgänger als Finanzminister, Norbert Walter-Borjans (SPD) hatte nach der Pensionierung des erfolgreichen Amtsleiters Peter Beckhoff dessen Mitarbeiterin Sandra Höfer-Grosjean kommissarisch mit der Leitung der Wuppertaler Steuerfahndung beauftragt, um so eine Kontinuität der Arbeit zu gewährleisten. In einem Bewerbungsverfahren setzte sich jedoch mit Michael Schneiderwind ein ebenfalls erfahrener Steuerfahnder als neuer Dienststellenleiter durch.

Die beiden auf eigenen Antrag aus dem Beamtenverhältnis entlassenen Beamten hätten sich nicht auf die Stelle beworben, sagt Lienenkämper am Donnerstag im Landtag. Er kenne deren Motivation für ihr Ausscheiden nicht, wolle dies auch nicht kommentieren.

Stefan Zimkeit (SPD) löchert den Finanzminister mit einer ganzen Reihe von Fragen: Warum er nicht das Modell seines Vorgängers fortgeführt habe, die kommissarische Leiterin im Amt zu belassen. Seit wann er wisse, „dass diese beiden unverzichtbaren Kräfte das Amt verlassen und was er versucht hat, um dies zu verhindern.“

Lienenkämper antwortet, bei der Ausschreibung der Amtsleiter-Stelle hätten die Regeln der Gleichbehandlung eingehalten werden müssen. Dass Beamtenposten nach dem Aspekt der Bestenauslese besetzt werden, stelle sicher, dass keine Auswahl nach politischen Aspekten erfolge und so die Qualität der Landesverwaltung sichergestellt werde. Er halte im Übrigen das Misstrauen gegenüber den Finanzbehörden mit ihren 600 Steuerfahndern in NRW für nicht gerechtfertigt. Es müsse doch auch anderen als den beiden nun ausscheidenden Steuerfahndern eine erfolgreiche Arbeit zugetraut werde.

Monika Düker von den Grünen kritisiert Lienenkämpers „beamtenrechtlichen Fachvortrag“ und fragt: „Ist das Ausdruck von Naivität oder wollen Sie uns für dumm verkaufen?“ Schließlich seien rund 80 Prozent der Ankäufe von Steuer-CDs und der daraus folgenden Steuermehreinnahmen in Höhe von sieben Milliarden Euro allein für NRW über Wuppertal gelaufen. „Das hatte doch sehr wohl etwas mit Personen zu tun. Mit dem hoch erfolgreichen Leiter und dem kleinen Team um ihn herum. Genau die Personen, die eng mit ihm zusammengearbeitet haben, gehen jetzt, und Sie sagen, man habe das ordnungsgemäß abgewickelt.“ Zimkeit wirft Lienenkämper vor: „Sie jagen diejenigen, die Erfahrung hatten, zumindest durch Nichthandeln zum Teufel.“

Für die FDP spricht Ralf Witzel von „starkem Tobak“, einem Beamten, der nun im Wege der Bestenauslese auf die Stelle gekommen ist, zu unterstellen, dass er nicht befähigt sei, die Aufgabe zu erfüllen. Verfahre man anders, so verliere man doch die Akzeptanz in der Breite der Finanzverwaltung. Witzel, der sich schon früher gern an Walter-Borjans gerieben hatte, hält es für „stillos und grenzwertig“, dass ein ausgeschiedener Finanzminister sich in Interviews und mit Wissen aus seiner Regierungszeit in dieser Sache so lautstark einbringe. Auch sei es infam, wenn die SPD angesichts der Neubesetzung der Stelle nun von „No Tax Areas“ spreche.

Die SPD ihrerseits wirft Witzels FDP vor, dass diese schon früher den Ankauf von Steuer-CDs als Hehlerei gebrandmarkt habe und diese ablehnende Politik nun in Regierungsverantwortung fortsetze. Das komme darin zum Ausdruck, dass der Ankauf von Steuer-CDs nun unter Kabinettsvorbehalt gestellt sei, der Finanzminister das also nicht mehr allein entscheidet. Das sei ein Kniefall der CDU vor der FDP, die sich zur „Schutzmacht der Steuerhinterzieher“ mache, wie Zimkeit es in einem an Witzel gerichteten Zwischenruf ausdrückt. Aus Dükers Sicht „vertreibt die Regierung unsere Steuerfahnder in die Privatwirtschaft“. Für Steuerfahnder stelle es sich so dar, dass die bisherige Verfahrensweise nicht mehr gewünscht sei — „das ist die fatale Botschaft“.