So funktioniert die neue Lkw-Maut
Die Abgabe gilt von heute an außerhalb von Autobahnen auf Routen mit Überholspur. 100 Millionen Euro zusätzlich soll das bringen.
Berlin. Von heute an gilt die Autobahn-Maut für schwere Lkw auch auf gut ausgebauten Bundesstraßen quer durch die Republik.
Auf welchen Bundesstraßen kommt die Lkw-Maut?
Außer auf den knapp 13 000 Kilometern Autobahn muss für Lastwagen ab zwölf Tonnen nun auch auf 1135 Kilometern Bundesstraße gezahlt werden. Dies sind 84 Abschnitte mit vier Fahrspuren, die an Autobahnen angebunden sind — von der B 1 bei Dortmund bis zur B 469 bei Stockstadt am Main in Bayern (siehe Grafik). Dafür mussten neue Daten auf die Bordcomputer von 717 000 Lkw gespielt werden.
Eigentlich wollte der Bund sogar 2000 Extra-Kilometer einbeziehen, die Speicher der Geräte reichten aber nicht. Maut-Schilder werden an den neuen Strecken nicht aufgestellt. Eine Handvoll Bundesstraßen — bekannte Ausweichrouten — waren schon bisher teils gebührenpflichtig.
Was soll die Maut-Ausweitung einbringen?
Einen Spezialtarif für Bundesstraßen gibt es nicht. Kassiert werden wie auf Autobahnen im Schnitt 17 Cent je Kilometer. So sollen in diesem Jahr noch 40 Millionen Euro hereinkommen, dann jährlich 100 Millionen Euro — vorsichtig kalkuliert, wie es im Ministerium heißt.
Dienen soll das Geld zweckgebunden der Instandhaltung von Fahrbahnen oder Brücken. Von den Einnahmen gehen aber Ausgaben ab. Allein rund 30 Millionen Euro im Jahr bekommt die Firma Toll Collect als Betreibervergütung, die mit ihrer satellitengestützten Technik auch die Autobahn-Maut managt.
Was bedeutet die Ausweitung für „Maut-Ausweicher“?
Kontrollbrücken mit Infrarotsensoren, von denen 300 an Autobahnen stehen, sind an Bundesstraßen nicht geplant. Überwachen sollen die Mautpflicht Beamte des Bundesamts für Güterverkehr, auch vor bis zu 35 tragbaren Spezialgeräten sollen Mautpreller nicht sicher sein. „Der Start kann chaotisch werden“, warnt SPD-Verkehrsexperte Sören Bartol, da neue Strecken für Lkw-Fahrer nicht ausgeschildert seien.
Ob Brummis öfter auf gebührenfreie kleine Straßen ausweichen, muss sich zeigen. Wenn eine komfortable parallele Bundesstraße ebenfalls etwas kostet, dürften viele gleich auf der Autobahn bleiben.
Warum beginnt die Ausweitung erst mit Verzögerung?
Nachdem der Bundesrat schon im Mai 2011 den Weg geebnet hatte, zogen sich die Verhandlungen und damit der Auftakt Monat um Monat hin. So seien dem Bund 150 Millionen Euro entgangen, monierten die Grünen. Dass es so kompliziert war, lag an Haftungsfragen.
Denn der neue Kontrakt sollte klar vom Hauptvertrag über die Autobahn-Maut getrennt werden, die wegen Technikproblemen nicht wie geplant 2003, sondern erst 2005 starten konnte. Und der Bund und Toll Collect (Gesellschafter: Telekom und Daimler) stehen sich immer noch in einem Schiedsverfahren gegenüber.
Wie ist die Zukunft des Mautsystems?
Die Autobahn-Maut ist ein dicker Batzen im Bundesetat und brachte zuletzt 4,5 Milliarden Euro im Jahr ein. Weil Geld für den Straßenbau fehlt, gibt es seit längerem Rufe, die seit 2009 unveränderten Sätze zu erhöhen. Zunächst wird aber ein Gutachten vorbereitet.
Die SPD diskutiert, ob die Maut nach 2013 auf alle Bundesstraßen ausgeweitet werden könnte und fordert wie die Grünen eine Maut für Fernbusse. Ramsauer selbst spielt hartnäckig mit Gedanken an eine Pkw-Maut auf Autobahnen, auch wenn Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihn ausgebremst hat. Die Betreiberverträge mit Toll Collect laufen bis 31. August 2015. Für die Zeit danach wird eine Ausschreibung vorbereitet — die soll sich nicht nur auf die derzeitige Satellitentechnik beschränken.