Sonntag wählt Hessen – Und was kommt dann?
Koch gewinnt, aber Schäfer-Gümbel wird nicht der Verlierer sein. Ganz im Gegenteil!
Wiesbaden. Auf den ersten Blick verspricht der Wahlabend am Sonntag wenig Spannung: Alle Umfragen sagen einen klaren Sieg der CDU bei der Hessen-Wahl voraus; Roland Koch, der beinahe gescheiterte Ministerpräsident, wird wohl eine neue demokratische Legitimierung dafür bekommen, langfristig im Amt zu bleiben. Und trotzdem wird die ganze Republik nach Wiesbaden schauen. Immerhin fand hier 2008 ein beispielloser Polit-Krimi statt. Außerdem ist eine Reihe wichtiger Fragen offen.
Alle Umfragen sagen ihr eine "4" vor dem Komma voraus. Ob es am Ende sogar zur absoluten Mehrheit reicht, hängt ausgerechnet von der Linkspartei ab. Verpasst diese nämlich den Einzug in den Landtag, hätte Koch bei einem sehr guten CDU-Abschneiden wieder die ganze Macht - und die FDP bliebe, trotz eines prognostizierten Traum-Ergebnisses von um die 15 Prozent, in der Opposition. Die wahrscheinlichste Variante aber ist am Ende eine schwarz-gelbe Mehrheit.
Koch hat sich in der Vergangenheit immer wieder als Wirtschaftsfachmann empfohlen. Im Wahlkampf hat er sich mit Blick auf die Finanz- und Konjunkturkrise auch bewusst entsprechend inszeniert. Er könnte zur Bundestagswahl im September in ein "Kompetenzteam" von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin aufrücken und wäre dann ein Kandidat für das Amt des Bundeswirtschaftsministers - vielleicht sogar ein möglicher Reserve-Kanzler.
Nach den Gesetzen politischer Vernunft müsste Ypsilanti Sonntagabend ihren Rücktritt vom hessischen SPD-Partei- und -Fraktionsvorsitz bekanntgeben und diese Ämter Schäfer-Gümbel antragen. Nur: Wie viel Vernunft ist von Ypsilanti zu erwarten? Vielleicht hat sie ja eine Zukunft in der SPD-Bundestagsfraktion. Freudig erwartet wird sie dort aber auch nicht. Schäfer-Gümbel dagegen hat nicht nur die Häme über seinen Namen und seine Brille mit feiner Selbstironie überstanden.
Er hat seine Sache auch sonst so gut gemacht, dass er inzwischen als SPD-Hoffnungsträger gilt, nicht nur in Wiesbaden. Forsa zufolge würden 32Prozent Schäfer-Gümbel zum Ministerpräsidenten wählen. Koch erreicht nur wenig bessere 39 Prozent persönliche Zustimmung. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass den Mann mit dem Doppelnamen vor einigen Wochen kaum jemand kannte.
Regiert die FDP in Hessen künftig mit, ist die Mehrheit der Großen Koalition im Bundesrat futsch. Die FDP hätte erheblichen Einfluss. In der Bundesversammlung, die am 23.Mai den Bundespräsidenten wählt, verschieben sich die Verhältnisse weiter zugunsten der Horst-Köhler-Fraktion.