Starterlaubnis für die Luftwaffen: UN-Flugverbot über Libyen
New York (dpa) - Jetzt ist das Militär am Zug: Die Vereinten Nationen haben den Weg frei gemacht für ein militärisches Vorgehen gegen Libyen.
Nach einer in New York vom Sicherheitsrat verabschiedeten Resolution gibt es nicht nur ein Flugverbot über dem nordafrikanischen Land, um die Zivilisten vor der Luftwaffe von Muammar al-Gaddafi zu schützen. Erlaubt ist militärisch fast alles - bis auf Bodentruppen. Deutschland enthielt sich in der Abstimmung und will das auch bei Luftschlägen tun.
Das Papier erlaubt Luftschläge und alle anderen „erforderlichen Maßnahmen“ zum Schutze der Zivilisten, „mit Ausnahme von Okkupationstruppen“. Möglich wäre also auch ein Angriff auf Bodenziele oder die Zerstörung der Luftwaffe am Boden durch Bomber oder Marschflugkörper. Die UN-Mitgliedsstaaten dürfen auch individuell handeln. Westlichen Diplomaten wollten Luftschläge unmittelbar nach der Abstimmung, also noch in der Nacht zum Freitag, nicht ausschließen.
„Frankreich steht bereit“, hatte Außenminister Alain Juppé gesagt. „Wir erleben einen historischen Moment: Die Menschen in Arabien verlangen nach Freiheit. Dieser arabische Frühling ist eine gute Nachricht für die ganze Welt.“ Umso erschütternder sei, dass Gaddafi friedliche Demonstranten zusammenschießen lasse. „Wir sind nun willens und bereit, zusammen zu handeln. Wir haben nicht viel Zeit, es ist eine Frage von Tagen, vielleicht Stunden.“ Gut zwei Wochen nach seiner neuerlichen Ernennung war er extra nach New York gereist war, um die Zustimmung zu forcieren.
„Die Vereinten Nationen haben den Hilfeschrei des libyschen Volkes gehört“, sagte US-Botschafterin Susan Rice. Mit der Resolution habe der Sicherheitsrat seine Handlungsfähigkeit bewiesen und ein starkes Signal an Gaddafi gesandt. „Über die Zukunft Libyens darf nur das Volk Libyens entscheiden.“
Letztlich hatten zehn Länder für die Resolution gestimmt, die zwar von den Libanesen für die Arabische Liga eingebracht worden war, aber inzwischen vor allem die französische Handschrift trägt. Neun Stimmen wären für die Verabschiedung der Resolution nötig gewesen - und die Zustimmung oder zumindest Enthaltung der fünf ständigen Ratsmitglieder. Die USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich können mit ihrem Veto jede Abstimmung zu Fall bringen. Bis zuletzt war vor allem über das Stimmverhalten von Russland und China gerätselt worden - die sich letztlich enthielten und somit den Weg frei machten. Auch Deutschland enthielt sich, ebenso wie Indien und Brasilien.
„Deutschland unterstützt die wirtschaftlichen Sanktionen voll, denn die Herrschaft des Muammar al-Gaddafi ist vorbei und muss beendet werden“, sagte Berlins UN-Botschafter Peter Wittig. „Aber der Einsatz des Militärs ist immer extrem schwierig und wir sehen große Risiken.“ Deutschlands Luftwaffe werde sich nicht an einem Einsatz gegen Gaddafi beteiligen. „Die Gefährdung von Leben darf nicht unterschätzt werden. Wir sollten nicht in den Kampf gehen mit der Hoffnung auf einen schnellen Erfolg und geringe Opfer.“
Beifall kam von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. „Zum zweiten Mal in einem Monat hat der Sicherheitsrat deutlich gemacht, dass alle Möglichkeiten auf dem Tisch liegen, um Massenmord zu verhindern. Wir hoffen, dass der Sicherheitsrat künftig immer seiner Pflicht zum Schutze der Zivilisten gerecht wird.“
Vor allem Frankreich hatte sich für ein hartes Durchgreifen gegen Gaddafi stark gemacht, aber auch andere Länder wollen sich mit ihrer Luftwaffe beteiligen. Nach Informationen aus diplomatischen Kreisen sollen auch Kampfflugzeuge aus den USA, Großbritannien „und anderen europäischen und arabischen Ländern“ bereitstehen. Die Einbindung der Araber war von allen Seiten zur Bedingung gemacht worden.
Die Ägypter zum Beispiel, die eine lange Grenze zu Libyen haben, verfügen über die größte Luftwaffe der arabischen Welt mit mehr als 200 F-16-Kampfflugzeugen. Auch andere arabische Staaten haben schlagkräftige Streitkräfte. Dazu zählt allerdings auch Libyen selbst. Die meisten Flugzeuge und Flugabwehrwaffen aus russischer Produktion sind aber veraltet.