Vorstoss: Neues Modell für die Pflegezeit
Bundesfamilienministerin will Angehörige besser unterstützen.
Berlin. Mit ihrem Vorstoß für einen Rechtsanspruch auf eine zweijährige Pflege-Teilzeit hat Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) ein geteiltes Echo ausgelöst. Während die Pflegekassen, Sozialverbände und der Deutsche Pflegerat das geplante Modell zur Förderung der häuslichen Pflege am Mittwoch grundsätzlich begrüßten, kam von der Wirtschaft Kritik.
Schröder will Berufstätige bei der Pflege ihrer Angehörigen unterstützen und dazu einen Rechtsanspruch auf eine zweijährige Pflegezeit einführen. Wer zwei Jahre halbtags arbeitet, soll zunächst 75 Prozent seines Gehaltes weiter bekommen. Nach Ablauf der zwei Jahre sollen die Arbeitnehmer wieder voll in den Beruf einsteigen. Allerdings bekommen sie weiterhin nur 75 Prozent des Gehalts ausgezahlt, und zwar so lange, bis das Gehalts- und Arbeitszeitkonto wieder ausgeglichen ist.
Die Familien-Pflegezeit solle dafür sorgen, dass die Pflegenden trotz ihrer halbierten Arbeitszeit finanziell einigermaßen "über die Runden kommen", sagte Schröder. Bislang können sich Arbeitnehmer für die Pflege eines Angehörigen vom Arbeitgeber bis zu sechs Monate unbezahlt freistellen lassen. Viele Arbeitnehmer fürchteten aber "gravierende Nachteile", sagte Schröder der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Dies solle durch einen neuen Rechtsanspruch geändert werden.
In Deutschland sind etwa 2,2 Millionen Menschen pflegebedürftig, rund zwei Drittel davon werden zu Hause gepflegt. Der Sprecher des Spitzenverbandes der Pflegekassen, Florian Lanz, sprach von einem "interessanten Ansatz", um die bisherigen Angebote zu erweitern.
Auch der Präsident des Deutschen Pflegerats, Andreas Westerfellhaus, lobte den Vorstoß, sieht darin aber nur eine Ergänzung der häuslichen Pflege. Der drohende Mangel an geschulten Pflegekräften lasse sich nicht durch Laien kompensieren. Die Sozial- und Wohlfahrtsverbände sprachen von einem "Schritt in die richtige Richtung". Zugleich forderten sie eine bessere finanzielle Absicherung für die Pflegenden.
Bei der Wirtschaft stieß die Pflegezeit-Initiative auf Widerstand. "Angesichts der andauernden Wirtschafts- und Finanzkrise darf es keine weiteren Belastungen für Arbeit und Beschäftigung geben", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt.