Bürgerdialog Warum ein junger Mensch zur Europawahl gehen sollte

Düsseldorf · Andreas Kindl vom Auswärtigen Amt gibt beim Bürgerdialog Antworten zur Frage: „Was geht mich Europa an?“

Positives Signal für „mehr EU“? Demonstrationen von Fridays for Future in Düsseldorf.

Foto: dpa/Oliver Auster

„Was geht mich Europa an“? Dass ein Handelsriese wie die Düsseldorfer Metro AG diese Frage zum Thema eines Bürgerdialogs macht, kann nicht wirklich überraschen. Ist das Unternehmen doch in 15 Mitgliedsstaaten der EU aktiv, 80.000 seiner Mitarbeiter kommen aus EU-Mitgliedsländern. Was da auf dem Spiel steht, fasst Metro-Chef Olaf Koch so zusammen: „Errungenschaften wie Demokratie, Freizügigkeit von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital, die wir für selbstverständlich gehalten haben, müssen wir heute gemeinsam verteidigen.“ Der Protektionismus sei bereits zu einer Realität geworden, Europa müsse da gemeinsam handeln.

Warum ein junger Mensch zur Wahl gehen sollte

Bis zur Europawahl am 26. Mai ist es nicht mehr lang hin. Doch in der Öffentlichkeit ist das Thema bisher kaum sichtbar. Das beklagt Andreas Kindl. Er ist Beauftragter für Strategische Kommunikation im Auswärtigen Amt. Metro hat dem leidenschaftlichen Befürworter einer starken EU seine Räume für ein Gesprächsforum „Diplomaten im Dialog“ zur Verfügung gestellt.

Positives Signal für „mehr EU“? Demonstrationen gegen das neue EU-Urheberrecht.

Foto: dpa/Markus Scholz

Etwa 50 spürbar positiv zur EU eingestellte Fragesteller muss er zwar nicht überzeugen von der Wichtigkeit des Projekts Europa in Zeiten des Brexit und populistischer Strömungen. Sie schätzen Europa als 70-jähriges Friedensprojekt, die Reisefreiheit, die Erleichterungen durch eine gemeinsame Währung und die Vorteile des billigen europaweiten Telefonierens. Das sind inzwischen Selbstverständlichkeiten, sagt Kindl, die vor allem junge Menschen als gegeben hinnehmen.

Die großen Demonstrationen – ein gutes Zeichen für Europa?

Auf die Frage, wie er denn dann einen erstmals Wahlberechtigten noch überzeugen könne, am 26. Mai zur Wahl zu gehen, sagt er. „Ich würde ihm oder ihr sagen: Nur innerhalb von Europa, nicht als Einzelstaat sind wir stark.“ Das werde Großbritannien demnächst deutlich zu spüren bekommen, wenn es alle Handelsverträge neu verhandeln müsse. „Wenn man dann als einzelner Staat etwa mit den USA verhandelt, ist man doch viel schwächer, als wenn man denen mit einem riesengroßen Markt mit 500 Millionen Bewohnern entgegentritt.“

Für manch einen überraschend kommt Kindls Aussage, dass auch die Fridays-for-Future-Demos und die Demonstrationen in Sachen EU-Urheberrechtsreform ein positives Signal im Sinne von „mehr EU“ seien. Ein  Fragesteller sieht das ganz anders und hält dagegen: Für die Schüler ist es doch ein Schlag ins Gesicht, wenn sie für ihre Zukunft demonstrieren und dann nur auf ihre Schulpflicht hingewiesen werden. Die Demonstrationen für einen besseren Klimaschutz gebe es gerade deswegen, weil auch auf EU-Ebene zu wenig geschehe. Und die Demonstrationen gegen das neue Urheberrecht hätten bei den Europaparlamentariern  keinerlei Wirkung gehabt.

Andreas Kindl, Streiter für eine starke EU.

Foto: „Auswärtiges Amt“

Dass es in einer Demokratie Mehrheitsentscheidungen gibt und diese akzeptiert werden müssten, hält Kindl entgegen. Für ihn ist etwas anderes wichtiger. Dass hier zwei Themen, die nicht auf nationaler Ebene gelöst werden können, in so kurzer Zeit so große Menschenmengen mobilisiert haben, sei ermutigend. Zwei Themen, die nichts mit Migration zu tun hätten, fern populistischer Strömungen. Das sei bürgerliche Partizipation, die auch in Zukunft Konsequenzen haben könne. Zumal die Diskussionen von stark engagierten jungen Leuten getragen seien, an denen sich auch EU-Politiker orientieren müssen.

Nicht jeder im Publikum teilt Kindls Optimismus, dass solche Themen populistische Strömungen auch auf europäischer Ebene in den Hintergrund drängen werden. Schließlich befänden sich doch gerade die großen Volksparteien im Niedergang, so der Einwand. Man könne nicht mehr auf eine moderate Politik der Mitte auf europäischer Ebene setzen. „Sie alle können etwas dagegen tun am 26. Mai, indem Sie wählen gehen“, hält Kindl dagegen. Eine Wahlempfehlung dürfe er als Mann, der im Auftrag der Bundesregierung unterwegs ist, freilich nicht geben. Es sei Aufgabe der Parteien, die Bürger von ihren Programmen zu überzeugen.