NRW-Politik Wie Wüst versucht, Corona und die Landtagswahl unter einen Hut zu kriegen

Düsseldorf · NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst muss vor der Landtagswahl im Mai auch Lösungen für die Fragen der Pandemie finden.

Hendrik Wüst (CDU, l.), Ministerpräsident und Vorsitzender der CDU in NRW, und der designierte CDU-Bundesparteivorsitzende Friedrich Merz unterrichten bei einer Klausurtagung in Düsseldorf.

Foto: dpa/Roberto Pfeil

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) rückt in der Corona-Pandemie die Sorgen, Probleme und Nöte von Kindern und jungen Leuten in den Fokus. Die Frage, welche Auswirkungen die Pandemie für Kinder und Jugendliche habe, sei am Samstag bei einer gemeinsamen Klausur der NRW-CDU mit den Partei-Spitzen des Europaparlaments, des Bundestags sowie dem designierten Bundesvorsitzenden Friedrich Merz in Düsseldorf ein ganz wichtiges Thema gewesen. Wüst wörtlich: „Welche Folgen hat die Pandemie, haben die Einschränkungen durch die Pandemie für die Kinder und junge Leute?“

Dazu hatte die Partei eigens Silvia Schneider von der Bochumer Ruhr-Universität als Expertin zur Klausur in ein Düsseldorfer Flughafen-Hotel eingeladen. Schneider ist Professorin für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie und Leiterin des Forschungs- und Behandlungszentrums für psychische Gesundheit an der Ruhr-Uni. Wüst schien beeindruckt von ihrem Vortrag. „Frau Professor Schneider hat uns sehr profund dargelegt, welche Auswirkungen die Einschränkungen für Kinder und Jugendliche, für die Psyche von Kindern und Jugendlichen haben“, sagte Wüst. Es gehe bis hin zu „mehr Suizid-Gedanken bei Kindern und jungen Leuten“.

Wüst sieht seine Partei insgesamt gestärkt

Dies mahne, „auch in den nächsten Wochen klare Prioritäten zu setzen, die Schulen, die Kindertagesstätten aufzuhalten“, sagte der derzeitige Vorsitzende der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Länderchefs. Man wolle Kindern in der Pandemie „möglichst viel Normalität gewährleisten“ und die dazugehörende Infrastruktur „so lange aufhalten wie es eben geht. Das war ein ganz wichtiger Punkt.“

Wüst sieht seine Partei insgesamt gestärkt ins laufende Jahr gehen: „Die Diskussionen der letzten Monate und Wochen haben gezeigt, die CDU in NRW ist einig, geschlossen und stark.“ Die Bundes-CDU sei vor einem Neustart: „Übernächstes Wochenende ist der Bundesparteitag, auf dem Friedrich Merz zum Bundesvorsitzenden gewählt wird.“ Danach rücke die Vorbereitung auf die Landtagswahl in NRW am 15. Mai 2022 in den Blickpunkt.

Wüst wollte den „Fahrplan zur Landtagswahl“ noch auf dieser Klausur besprechen. Stellte aber auch klar, vor allem zunächst regieren zu wollen und erst spät selbst in den Wahlkampf einzusteigen. Die Taktik ist klar: Wüst weiß, dass der Amtsbonus eines amtierenden Ministerpräsidenten eine gute Chance in NRW ist, gegen den neuen starken Trend zur Ampel anzukämpfen. Fehler dürfen ihm dann aber nicht mehr viele passieren. „Im April starten wir dann in den Landtagswahlkampf.“ Am 15. Mai steigt die Wahl.

Darüber hinaus kündigte Wüst an, im Sport und Freizeitbereich die Menschen mit einer Auffrischungsimpfung von der zusätzlichen Testpflicht zu befreien. Auf die Frage, ob die Testpflicht für „Geboosterte“ auch im Sport wegfallen solle, sagte Wüst: „Die Gleichsetzung der Geboosterten mit den Getesteten soll generell gelten. Das ist meine Überzeugung.“ Die Bedeutung „von Sport für junge Leute, für Kinder“ sei besonders thematisiert worden. „Da wollen wir verschiedene Dinge leichter machen. Kinder können teilweise noch gar nicht geboostert sein. Je nach Alter haben wir auch noch andere Ideen“, betonte Wüst.

Die Schutzverordnung für NRW soll am Dienstag stehen

Der 46-Jährige aus Rhede sprach sich für „Gruppen-Schnelltests“ in diesen Bereichen aus. So müssten Kinder und Jugendliche nicht in eine offizielle Teststation gehen, sondern zunächst gemeinsam einen Schnelltest machen, der von den Gruppenleiterinnen und -leitern kontrolliert werden soll. „Wir wollen das möglichst einfach machen“, sagte Wüst.

Die Bund-Länder-Runde mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Freitag keine neuen Beschlüsse zum Sport gefasst. Derzeit müssen nach der bis 12. Januar geltenden Corona-Schutzverordnung in NRW auch Menschen mit einer Auffrischungsimpfung (Booster-Impfung) zusätzlich einen aktuellen negativen Test vor dem Indoor-Sportreiben nachweisen (2G plus). Dies gilt beispielsweise für Fitnessstudios oder beim Tennis in der Halle. Diese zusätzliche Testpflicht würde dann für Geboosterte wieder entfallen. Die Corona-Schutzverordnung in NRW soll bis zum morgigen Dienstag aktualisiert werden, um die Beschlüsse von Bund und Ländern umzusetzen.

Es ist eine politisch verzwickte Situation für den NRW-Ministerpräsidenten, Wüst agiert in diesen Wochen mit zweierlei Bedarf: einmal der Ampel in Berlin auf den Füßen zu stehen, um die Konstellation nicht stark zu machen vor der Landtagswahl in NRW, wo eine solche politische Farbenlehre ebenfalls drohen könnte. Aber auch mit dem Bedarf, dem hiesigen Koalitionspartner FDP einiges von dem wiedergutzumachen, was man den Liberalen in Berlin an Stöckchen in die Speichen hält. Und die FDP in NRW weiß das zu nutzen, zuletzt forderte FDP-Fraktionschef Christof Rasche  sogar noch weitere Lockerungen im Einzelhandel. „Auch der Handel ist kein Pandemietreiber. Aktuell ist der NRW-Handel gegenüber Niedersachsen und Bayern benachteiligt. Diesen Widerspruch müssen wir beheben“, sagte Rasche dem „Westfälischen Anzeiger“. Wie Wüst darauf reagiert, wird sich in der neuen Verordnung zeigen.