Wieder Freispruch für Kosovo-Politiker Haradinaj
Pristina/Belgrad (dpa) - Der ehemalige Kosovo-Regierungschef und Kommandeur der albanischen Rebellenverbände (UCK) im Bürgerkrieg im Jahr 1998, Ramush Haradinaj, ist vom UN-Kriegsverbrechertribunal zum zweiten Mal freigesprochen worden.
Es habe keine glaubwürdigen Beweise gegeben, dass der 44-Jährige und zwei weitere Mitstreiter für Morde und Misshandlungen von Serben, Roma und vermeintlichen albanischen Kollaborateuren im Gefangenenlager Jablanica verantwortlich seien, begründete das Gericht sein Urteil. Schon 2008 war Haradinaj aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden.
Im Kosovo brach grenzenloser Jubel aus. In der Hauptstadt Pristina wurde ein Feuerwerk gezündet, tausende Menschen, die auf Bildschirmen die Urteilsbegründung verfolgt hatten, lagen sich weinend und lachend in den Armen. Vereinzelt schossen die Männer vor Freude in die Luft. Am Abend begrüßten Tausende Haradinaj am Flughafen in Pristina. Donnernder Applaus, ein roter Teppich und erneut ein Feuerwerk erwarteten den Spitzenpolitiker.
Der amtierende Kosovo-Regierungschef Hashim Thaci, der auch zum Flughafen gekommen war, begrüßte den Freispruch: „Das ist der stärkste Beweis, dass die UCK einen gerechten Kampf für die Freiheit geführt und keine Verbrechen begangen hat.“ Zahlreiche Männer hatten zum Empfang von Haradinaj wieder ihre alten UCK-Uniformen aus dem Bürgerkrieg angezogen.
1998 und 1999 hatten weit überlegene serbische Militärs und Freischärler bis zu 800 000 Albaner aus dem Kosovo vertrieben. Die Rebellen standen vor einer Niederlage. Erst Nato-Bomben zwangen die Serben zum Rückzug. Seitdem war die fast nur noch von Albanern bewohnte frühere Provinz Kosovo von Serbien getrennt. Sie war vor knapp fünf Jahren unabhängig geworden. Das wird von Belgrad aber nicht anerkannt.
Serbien stand unter Schock, weil kurz zuvor auch zwei kroatische Generäle vom Tribunal freigesprochen worden waren, die1995 an der Vertreibung von bis zu 200 000 Serben aus Kroatien beteiligt waren. Den Haag habe den Serben „eine neue Ohrfeige“ verpasst, schrieben die Medien in Belgrad. Die serbische Regierung verurteilte das „Urteil gegen einen Kommandanten der terroristischen UCK, das dem internationalen Recht einen schweren Schlag versetzt hat“, hieß es in einer Erklärung. Es „ermutigt die Extremisten“, weil es um eine „selektive Wahrheit und die Vertuschung von Verbrechen“ gehe.
Auch die serbischen Bürger zeigten sich geschockt. In tausenden Mails und Kommentaren an die Medien machten sie ihrem Unmut Luft. „Nein zur Aussöhnung mit der terroristischen Regierung in Pristina“, „auf Wiedersehen Europa, Du brauchst nicht auf uns zu warten“ und „Für das Tribunal wäre auch Hitler unschuldig“, hieß es in diesen Kommentaren.