Wowereits Bruchlandung

Der neue Großflughafen kann auch 2013 nicht eröffnen. Politiker fordern Rücktritte.

Berlin. Berlins Traum von einem schicken Großflughafen in Schönefeld entwickelt sich immer mehr zum Albtraum. Montag wurde zur Gewissheit, dass auch der neue Eröffnungstermin, der 27. Oktober 2013, nicht zu halten ist, nachdem der Start zuvor schon drei Mal verschoben worden war. Das Gebäude hat so viele Mängel, das Experten von einem Sanierungsfall sprechen.

Grüne in Berlin beantragen einen Misstrauensantrag

Der Ruf nach Konsequenzen wird lauter. Im Visier: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der dem Aufsichtsrat der von Berlin, Brandenburg und dem Bund betriebenen Flughafengesellschaft vorsteht, sowie Flughafenchef Rainer Schwarz. Offene Rücktrittsforderungen gegen Wowereit gab es Montag von Jürgen Trittin. Die Berliner Landes-Grünen wollen eine Sondersitzung des Abgeordnetenhauses beantragen und einen Misttrauensantrag gegen den Regierungschef einbringen. Ähnlich geht in Brandenburg die oppositionelle CDU vor, die Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) aufforderte, als Ministerpräsident und stellvertretender Aufsichtsratschef zurückzutreten.

Die Gesamtkosten könnten auf sechs Milliarden Euro steigen

Doch Wowereit bleibt im Aufsichtsrat, gab aber den Vorsitz ohne Begründung an Platzeck ab. Das gab der SPD-Politiker nach einer eilig einberufenen Sondersitzung der drei Gesellschafter Montag Nachmittag bekannt. Außerdem kündigte er an, dass nächste Woche in einer Aufsichtsratssitzung eine „Neuordnung der Geschäftsführung“ vorgenommen werden solle. Wowereit will offenbar die Ablösung von Vorstandssprecher Schwarz beantragen, an dem er bisher festgehalten hatte. Platzeck wird auf der nächsten Plenarsitzung des brandenburgischen Landtages die Vertrauensfrage stellen.

Der Willy-Brandt-Flughafen wurde zu klein geplant

Erst im Sommer 2012 musste der geplante Umzug von Tegel nach Berlin-Schönefeld in letzter Minute abgesagt werden. Fluggesellschaften und Mieter der Läden im neuen, nach Willy Brandt benannten Hauptstadt-Airport hatten hohe finanzielle Schäden, die Gesellschafter mussten 1,2 Milliarden Euro nachschießen. Experten schätzen, dass die neuerliche Verschiebung eine weitere Milliarde Euro kosten könnte. Die Gesamtkosten würden dann auf sechs Milliarden Euro steigen.

Hauptproblem ist nach wie vor der Brandschutz. Dort ist offenbar ein weitgehender Rück- und Neubau erforderlich. Hinzu kommen weitere Schäden und Schwächen, von falsch verlegten Kabeln bis zu Rissen in Fliesen. Zu allem Überfluss stellten Gutachter im Dezember fest, dass der Airport bei seiner Inbetriebnahme mit erwarteten 27 Millionen Passagieren jährlich an seiner Kapazitätsgrenze angelangen wird.

Experten des Bundesverkehrsministeriums hatten im Dezember zudem festgestellt, dass in Schönefeld seit der verschobenen Eröffnung im Sommer kaum weitergearbeitet worden war. Intern ist nun von einer Verschiebung um mindestens ein Jahr die Rede; wahrscheinlich ist eine Eröffnung erst 2015 möglich. Ursprünglich Nach den anfänglichen Planungen hatte der Airport 2011 starten sollen. Berlin-Tempelhof wurde deshalb 2008 stillgelegt, am Flughafen Tegel wurde kaum investiert. Dort werden die Zustände immer prekärer. Alexander Dobrindt (CSU) sagte Montag: „Ich kann nur hoffen, dass der Flughafen fertig wird, bevor das Beamen erfunden ist.“