Zweifel an Organspende-Reform

Kurz vor der Verabschiedung gibt es Streit und offene Fragen.

Berlin. Chance für tausende Sterbenskranke — oder übertriebene Hoffnung? Der Bundestag will einen Schlusspunkt unter die jahrelangen Debatten über eine Organspende-Reform in Deutschland setzen. Hinter den Kulissen wird noch auf der Zielgeraden leidenschaftlich gerungen.

Am kommenden Freitag will das Plenum abschließend über die Reform beraten. Auf der Tagesordnung steht zum einen die Änderung des Transplantationsgesetzes, die die Kliniken zu eigenen Beauftragten für die Transplantation verpflichten soll. Auf den Intensivstationen sollen mögliche Organspender erkannt werden.

Für viele Experten ist das die wichtigere Neuerung. Denn bei vielen Hirntoten — nur ihnen können Ärzte Organe entnehmen — stellen die Krankenhäuser heute die Frage nach einer lebensrettenden Verwendung von Herz, Leber oder Niere gar nicht. Dennoch steht im öffentlichen Fokus weit mehr das ebenfalls zur Verabschiedung anstehende Gesetz über die sogenannte Entscheidungslösung.

Bisher muss man sich aktiv darum gekümmert haben, wenn man als Spender infrage kommen will. Künftig sollen alle ausdrücklich aufgefordert werden, eine Entscheidung abzugeben. Die Versicherten über 16 Jahren bekommen dafür Informationen und einen Spendeausweis von ihren Krankenkassen regelmäßig per Post. Am Dienstag beraten die Fachpolitiker der Fraktionen letzte Details zu den Gesetzen.

Es ist ein Angstthema für viele: Ändert sich etwas an der Behandlung nach einem fatalen Unfall, wenn man eine Spendeerklärung abgegeben hat? Nein, sagen die maßgeblichen Experten. Auf den Wartelisten stehen rund 12 000 Patienten. Täglich sterben davon im Schnitt drei. Doch wie wird die erwünschte Auseinandersetzung mit dem Thema erreicht — und wie erschwert?

Immer noch umstritten ist die geplante Aufgabe der Krankenkassen: Sie sollen die Entscheidung künftig auf der elektronischen Gesundheitskarte eintragen dürfen. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery — ein Befürworter der Reform — stellt klar: „Wir sind grundsätzlich gegen Überlegungen, den Krankenkassen ein Schreibrecht zu geben.“ Die Entscheidung ihrer Versicherten gehe sie nichts an.

Die Grünen-Gesundheitsexpertin Elisabeth Scharfenberg findet, „man sollte das Thema Organspende nicht mit dem heiklen Thema Datenschutz bei der Gesundheitskarte verknüpfen“. Viele Menschen glaubten ohnehin nicht, dass ihre Daten auf der Karte sicher seien. Einen entsprechenden Änderungsantrag haben die Grünen vorgelegt.

Im letzten Moment dazugekommen ist noch Streit über den Umgang mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), zuständig für Abwicklung der Organspenden. Sie war wegen angeblich selbstherrlichen Agierens an der Spitze in die Schlagzeilen gekommen. Nun soll der Bundestag Mitspracherecht bei der Besetzung des DSO-Vorstands bekommen, vielleicht auch der DSO-Geschäftsbericht öffentlich werden.