Arbeitsmarkt 2011: Ein kräftiger Jobaufschwung
Nürnberg (dpa) - Die Euro-Krise sorgte für kräftigen Gegenwind - trotzdem legte der Jobaufschwung an Fahrt zu. Das Jahr 2011 brachte noch mal einen kräftigen Rückgang der Arbeitslosigkeit. 2012 dürfte das deutsche Jobwunder aber erst mal eine Verschnaufpause einlegen.
Er war mal wieder für eine Überraschung gut: Während die Börsenkurse Achterbahn fuhren und die EU-Schuldenkrise Anleger ins Schwitzen brachte, präsentierte sich der deutsche Arbeitsmarkt im Jahr 2011 erstaunlich krisenfest. Wenn die Bundesagentur für Arbeit (BA) Anfang Januar ihre Schlussbilanz für das abgelaufene vorlegt, werden nach jüngsten Berechnungen im Jahresschnitt 2,972 Millionen arbeitslos gewesen sein - knapp 270 000 weniger als noch im Jahr davor. Nur wenige Fachleute hatten dem Arbeitsmarkt nach der deutlich gedämpfteren Entwicklung im Jahr 2010 noch einmal ein solches Aufschwungtempo zugetraut.
Noch mehr aber verblüfft manche Fachleute die Ausdauer des „Jobwunders“: Mit Ausnahme des Krisenjahrs 2009 geht die Arbeitslosigkeit seit dem Start der Harz-IV-Reform im Jahr 2005 beständig zurück. Die durchschnittliche Jahresarbeitslosigkeit hat sich seitdem um fast 40 Prozent verringert. Die Erwerbslosenzahlen in Deutschland scheinen seit Jahren nur noch eine Richtung zu kennen: abwärts.
Für Experten ist der anhaltende Job-Boom unterdessen ein weiterer Beleg für die Stabilität der Realwirtschaft: Die Uhren in Produktionsunternehmen und Dienstleistern tickten anscheinend völlig anders, als es die Kursverläufe der Börsen glauben machen. Vor allem der starke Export garantierte Firmen volle Auftragsbücher. Die Folge: Selbst in Hoch-Zeiten der Eurokrise suchten viele Unternehmen händeringend nach Arbeitskräften; allein im November hatte die Bundesagentur 492 000 freie Stellen in ihre Jobbörsen - 98 000 mehr als vor einem Jahr.
Viele Unternehmer treibt zudem die Sorge um, demnächst vor einem leer gefegten Arbeitsmarkt zu stehen. Selbst bei leichten Auftragsdellen trennen sich Unternehmen - anders als in früheren Konjunkturflauten - inzwischen nicht mehr so leicht von erfahrenen Mitarbeitern. Die Furcht ist nicht unbegründet: Selbst bei optimistischer Betrachtung und rund 100 000 ausländischen Zuwanderern pro Jahr werden nach einer Prognose des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bis zum Jahr 2025 rund 2,7 Millionen Arbeitskräfte fehlen. Der Grund ist die zunehmende Überalterung der deutschen Gesellschaft.
Im Jahr 2012 dürfte es allerdings mit der bisherigen Rasanz auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr weitergehen. Das IAB, die Denkfabrik der Bundesagentur, rechnet bei deutlich schwächerem Wirtschaftswachstum von einem Prozent nur noch mit einem Rückgang der durchschnittlichen Jahresarbeitslosigkeit um rund 50 000 auf 2,92 Millionen. Aber auch dieser schon vergleichsweise niedrige Rückgang ergibt sich nach Darstellung von Arbeitsmarktforscherin Sabine Klinger allein aus der geringen Arbeitslosigkeit zum Jahresbeginn 2012. Im weiteren Verlauf des Jahres 2011 rechnet Klinger eher mit einer Stagnation auf dem Arbeitsmarkt.
Das deckt sich weitgehend mit den Arbeitsmarktprognosen von Volkswirten deutscher Großanken. Stephan Schneider von der Deutschen Bank etwa schließt für den einen oder anderen Monat sogar einen Anstieg der saisonbereinigten Arbeitslosigkeit nicht aus: „Ich sehe schon, dass es in der ersten Jahreshälfte 2012 zu einer leichten Rezession kommt. Dass das auch der Arbeitsmarkt abbekommt, ist klar“, schätzt er. Etwas optimistischer ist Allianz-Volkswirt Rolf Schneider. Er erwartet schon für die zweite Jahreshälfte eine Beruhigung der Lage: „Insgesamt dürften sich die Turbulenzen um die europäische Schuldenkrise langsam abflachen und die Weltkonjunktur wieder mehr Rückwind bekommen“.