Bloß nicht wie beim Denver-Clan - Karriere im Familienbetrieb
Fellbach (dpa/tmn) - In die Firma von Verwandten einzusteigen, ist nicht leicht. Denn die Nachkommen vom Boss müssen sich den Respekt der Mitarbeiter oft doppelt hart erarbeiten. Leichter tut sich, wer seine Karrierelaufbahn zunächst woanders beginnt.
Es war ein Einstieg auf Raten: Vor 33 Jahren machte Gernot Walter, 49, eine Lehre zum Sanitär- und Heizungsbauer in der Firma seines Onkels. Inzwischen ist er im Betrieb in Fellbach in Schwaben selbst der Chef. Doch bis hierhin war es ein langer Weg: „Wenn man als Familienangehöriger die Ausbildung beim Vater oder Onkel macht, werden viel höhere Ansprüche gestellt als an einen anderen Azubi“, sagt er.
Für die Übernahme des Chefpostens hat sich Walter nach der Lehre einige Jahre Zeit gelassen. Denn er wollte erreichen, was für viele Nachrücker im Familienbetrieb große Hürden sind: die Akzeptanz durch die Mitarbeiter und das Loslassen des alten Chefs. „Viele denken, dass man als Familienmitglied von ganz alleine nach oben stolpert“, sagt Walter. Doch genau das wollte er sich nicht nachsagen lassen. Walter machte diverse Meisterprüfungen und arbeitete mehrere Jahre in anderen Betrieben, um sich dort die ersten Sporen zu verdienen. „Es war gut, zu lernen, wie andere arbeiten, sich neue Impulse zu holen.“
Ein Vorgehen, das nach Ansicht des Betriebswirtschaftlers Prof. Stefan Prigge aus Hamburg genau richtig war. „Der Sohn oder die Tochter wird innerhalb des Unternehmens zumeist mit Argusaugen beobachtet“, sagt Prigge, der an der Hamburg School of Business Administration (HSBA) lehrt. Jeder noch so kleine Fehler werde gesehen und kommentiert. Daher rate er, vor dem Einstieg in den Familienbetrieb zunächst in einem anderen Unternehmen Karriere zu machen. Dann werde man später im Familienbetrieb von den Mitarbeitern eher für voll genommen - und für die eigenen Leistungen respektiert.
Doch um als Juniorchef im Familienbetrieb den Einstieg zu schaffen, müsse sich auch der Senior fair verhalten. Gerade, wenn es später um das Thema Stabsübergabe geht. Dann sei es wichtig, dass der alte Chef loslasse und die Erben machen lasse. Um dies dem Senior zu erleichtern, sollte dieser für den Ruhestand schon eine neue Beschäftigung haben. „Und zwar nicht nur den Garten oder das Haus“, rät Prof. Prigge. In größeren Unternehmen biete sich die Gründung einer Stiftung an, die der alte Chef leiten kann.
Außerdem sollte der Senior sich rechtzeitig um seine Firmennachfolge kümmern: „Ein Unternehmen muss dringend über Notfallpläne verfügen, damit im Ernstfall nicht alles zusammenbricht“, sagt Prof. Prigge. Und es muss ein Testament geben, das alle Details der Unternehmensübergabe regelt, sagt Rechtsanwalt Thomas Betzer aus Aachen.
In der Theorie klingt das selbstverständlich. In der Praxis drücken sich jedoch viele Seniorchefs davor. Das führt häufig zu großen Problemen: Denn müssen die Erben hinterher die Unternehmensnachfolge unter sich regeln, kommt es oft zu Streit. Gerade bei umfangreichen Nachlässen und komplexen Familienverhältnissen gebe es dann regelmäßig Probleme, weiß Anwalt Betzer.
Ein Testament sollte deshalb immer juristisch wasserdicht sein. „Nur nichts Selbstgestricktes!“, warnt Betzer. Er rät in diesem Punkt zu professioneller Hilfe etwa durch einen Anwalt. Denn unklare oder fehlerhafte Testamentsgestaltungen könnten im Nachhinein zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen führen. Wird der Nachlass nur zu Hause am Küchentisch durchgesprochen, geht das meist schief.
Damit die Karriere im Familienunternehmen klappt, sollte der Nachwuchs schließlich Schritt für Schritt einsteigen. „Bei einer Unternehmensgruppe bietet es sich an, dass zunächst einzelne Teile der Unternehmensgruppe vom Nachfolger als Geschäftsführer geleitet werden“, sagt Betzer. Denn so übernimmt der Nachwuchs nach und nach neue Aufgaben und Kompetenzen. Dabei gewinnt er Zeit, damit das Selbstvertrauen und die Selbstständigkeit langsam mitwachsen.