Die wichtigsten Antworten zur Vergabe von Medizinstudienplätzen
Das jahrelange Warten auf einen Platz fürs Medizinstudium hat schon viele junge Menschen belastet. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt nun über die Vergabe per Numerus Clausus und Wartezeit. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.
Leipzig. Weil Medizinstudienplätze begehrt sind, brauchen Bewerber oft viel Geduld: Die Wartezeit für einen Studienplatz in der Humanmedizin liegt mittlerweile bei bis zu 15 Semestern, also sechseinhalb Jahren. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am Mittwoch über den Numerus Clausus für das Medizinstudium. Fragen und Antworten:
Der Numerus Clausus ist eine Zulassungsbeschränkung für bestimmte Studienfächer, wenn die Bewerberzahl die Zahl der Studienplätze übersteigt. Ein bundesweiter Numerus Clausus gilt für die Fächer Medizin, Tiermedizin, Zahnmedizin und Pharmazie. Die Studienplätze werden zentral von der Stiftung für Hochschulzulassung vergeben.
Nach einem festen Schlüssel gehen 20 Prozent der Studienplätze an Bewerber mit den besten Abiturnoten, wodurch in der Regel nur Einserabiturienten zum Zuge kommen. Weitere 20 Prozent gehen an Bewerber mit der längsten Wartezeit seit dem Abitur. Die übrigen 60 Prozent der Plätze werden von den Hochschulen nach eigenen Kriterien vergeben, etwa afgrund von Auswahlgesprächen oder Berufserfahrungen im Gesundheitsbereich. Die Abinote bleibt aber immer maßgeblich. Von allen Plätzen ist zudem nach einer sogenannten Vorabquote eine gewisse Anzahl für besondere Bewerber vorgesehen, etwa für Sanitätsoffiziere der Bundeswehr.
Auf Anregung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, das sich bereits vor Jahren mit Klagen zur Vergabepraxis befasste, sollen die Karlsruher Richter prüfen, ob die Regelungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Im Kern geht es um die Frage, ob der Numerus Clausus immer noch das Grundrecht auf freien Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte garantiert. Nach Ansicht der Gelsenkirchener Richter wird die Abiturnote zudem überbetont. Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht in den 70er Jahren entschieden, dass absolute Zulassungsbeschränkungen nur verfassungsmäßig sind, wenn unter anderem die Auswahl der Bewerber nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden erfolgt.
Die Zahl der Studienplatzbewerber für die Humanmedizin stieg drastisch. Im Wintersemester 2017/18 bewarben sich mehr als 43.000 junge Leute auf insgesamt 9176 Studienplätze. Auf jeden Studienplatz entfallen damit fünf Bewerber. Zum Vergleich: Im Wintersemester 1994/95 kamen auf knapp 7400 Studienplätze rund 15.750 Bewerber und damit zwei auf jeden Platz. Das Gerangel wurde also größer - und die Wartezeit länger.
Im März beschlossen Bund und Länder einen sogenannten Masterplan Medizinstudium 2020, der unter anderem den Ländern die Einführung einer sogenannten Landarztquote ermöglicht. Sie können künftig bis zu zehn Prozent der Medizinstudienplätze vorab an Bewerber vergeben, die sich verpflichten, nach Abschluss des Studiums für mehrere Jahre als Hausarzt aufs Land zu gehen.
Bei der Zulassung zum Studium soll künftig auch nicht mehr allein die Abiturnote ausschlaggebend sein, vielmehr sollen Hochschulen wie in einigen Fällen schon üblich bei der Bewerberauswahl zwei weitere Kriterien zugrunde legen, die etwa kommunikative Kompetenzen berücksichtigen.
Mehr Studienplätze sieht der Masterplan nicht vor - sehr zum Ärger der Ärzteverbände. Die Bundesärztekammer (BÄK) fordert von Bund und Ländern, die Zahl der Medizinstudienplätze um mindestens zehn Prozent und damit rund tausend zu erhöhen. Laut BÄK gab es im Jahr 1990 allein in den alten Bundesländern in der Humanmedizin 12.000 Studienplätze. Nach der Wiedervereinigung hätten durch die zusätzlichen Fakultäten im Osten sogar 16.000 Plätz zur Verfügung stehen müssen, die Zahl sei aber kontinuierlich geschrumpft.
Immerhin ist ein Medizinstudium sehr teuer: Die Ausgaben je Student beliefen sich 2014 laut Statistischem Bundesamt auf rund 32.960 Euro. Damit ist die Humanmedizin im Vergleich mit den anderen Fächern am kostspieligsten. (AFP)