Double-Degrees: Einmal studieren, zwei Abschlüsse

Reutlingen (dpa/tmn) - Studiengänge, in denen man gleich zwei Abschlüsse erwirbt, sind groß in Mode: Schon 500 solcher Double-Degrees gibt es. Und es werden immer mehr. Doch im Vorfeld recherchiert man besser genau.

Denn in manchem Double-Degree steckt gar keiner drin.

Zwei Studienabschlüsse in vier Jahren: Wenn Lennart Kocheise, 22, seinen Bachelor in Internationalem Management in der Tasche hat, steht sein Name gleich auf zwei Abschlusszeugnissen. Eines stellt die Fachhochschule ESB Business School in Reutlingen aus und eines die ICADE Universität in Madrid. Während des gesamten Studiums wird er an zwei Hochschulen immatrikuliert gewesen sein - Kocheise macht einen Bachelor mit Double-Degree, also mit einem doppelten Abschluss.

Derartige Studiengänge sind zurzeit in Mode. „Deutschlandweit gibt es inzwischen mehr als 500 solcher Bachelor- und Masterprogramme“, sagt Matthias Kuder vom Center for International Cooperation der Freien Universität Berlin und Mitautor einer Studie zu diesen sogenannten Double-Degree Studiengängen. Am verbreitetsten sind die doppelten Abschlüsse mit fest integriertem Auslandsaufenthalt in den Wirtschafts-, Ingenieur- und Sozialwissenschaften.

Der doppelte Abschluss lockt viele. Denn die Hoffnung ist groß, durch ihn bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben als die Konkurrenz. „Die Double-Degrees werden von den Personalern als etwas Besonderes angesehen, denn die Anforderungen an die Studenten sind meist höher“, sagt Kuder. Auch mache ein Auslandsaufenthalt auf Personaler einen größeren Eindruck, wenn der Bewerber seinen Unterlagen das Abschlusszeugnis einer ausländischen Universität beilegen könne statt nur ein paar Scheine.

Zudem haben die Studenten auf jeden Fall mehr erlebt als die Kommilitonen, die nur in Deutschland die Hochschule besucht haben. „Wer den Double-Degree bei uns gemacht hat, hat in zwei Sprachen BWL gelernt und durch die verpflichtenden Praktika zwei Unternehmenskulturen kennengelernt“, sagt Prof. Christoph Binder von der ESB Business School in Reutlingen, die bereits seit 1979 Double-Degree-Studiengänge anbietet.

Lennart Kocheise hat sich für den Double-Degree an der ESB vor allem deshalb entschieden, weil er eine Zeit lang während des Studiums im Ausland leben wollte. Spanien sollte es sein, weil er sich in das Land verliebt hatte, als er nach dem Abitur ein Jahr lang in Sevilla wohnte, um die Sprache zu lernen.

Die größte Schwierigkeit bei dem Studium sei es, in das Programm hineinzukommen, sagt er. Rund 1000 Bewerbungen gibt es jedes Jahr für die rund 145 Plätze in Reutlingen. Rund 500 junge Menschen schaffen es in die zweite Runde zum Aufnahmetest. Entscheidend ist dabei nicht so sehr die Abiturnote. Auch Kandidaten mit einem Durchschnitt von 2,5 haben noch Chancen. „Aber es müssen neugierige und interessierte Leute sein, die sich auch zu Schulzeiten schon irgendwo eingebracht haben“, sagt Prof. Binder.

Wer sich für einen Studiengang mit Double-Degree interessiert, sollte sich im Vorfeld genau informieren. Kuder rät, sich genau anzuschauen, wie der Studiengang aufgebaut ist. „Double-Degree ist ein dehnbarer Begriff. Man sollte sich nicht von schönen Namen und Werbeslogans blenden lassen.“ So sollten angehende Studenten prüfen, ob sie an beiden Hochschulen einen vollwertigen Abschluss erhalten und nicht etwa an einer nur ein Zertifikat.

Er empfiehlt, zu recherchieren, wie die Zeugnisse und der Stundenplan aussehen. „Ich würde versuchen zu klären: Welche Fremdsprachenkenntnisse werden vorausgesetzt? Wie sind die Mobilitätsphasen strukturiert und gibt es dafür Unterstützung?“ Besser sei es immer, sich zwei oder drei Unis anzuschauen und sich nicht gleich auf einen Studiengang mit Double-Degree festzulegen.

Ist ein Studiengang in der engeren Auswahl, empfiehlt Kuder, Kontakt zu ehemaligen Absolventen aufzunehmen. Besser seien meist jene Programme, in denen nicht nur ein oder zwei Studenten den Double-Degree machen, sondern gleich zehn oder mehr. „Dann ist man kein Einzelkämpfer mehr, sondern Teil einer größeren Truppe, die sich untereinander helfen kann.“