Eine Frage der Motivation - Gesundheitsförderung in Firmen
Ditzingen/Stuttgart (dpa) - Immer mehr Firmen investieren in Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung. Doch häufig werden die Angebote überhaupt nicht angenommen.
Yoga in der Mittagspause, regelmäßige Gesundheits-Checks, gesunde Lebensmittel aus der Region - was sich liest, wie das Angebot einer Krankenkasse, ist das Konzept des Maschinenbauers Trumpf. Das Ergebnis: „Trumpf hat insgesamt einen sehr niedrigen Krankenstand von unter drei Prozent“, sagt Astrid Oellerer. Sie ist die Leiterin des Personal- und Sozialwesens bei dem Mittelständler mit Sitz in Ditzingen.
150 000 Euro lässt sich das Unternehmen im Jahr allein sein Gesundheitszentrum mit einem Kursangebot kosten. Damit ist Trumpf im Mittelstand eher die Ausnahme: „Bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen gibt es großen Nachholbedarf“, sagt Oliver-Timo Henssler, Geschäftsführer bei der Firma EuPD Research, die zusammen mit „Handelsblatt“ und TÜV Süd das „Corporate Health Jahrbuch“ herausgibt. Während Großkonzerne in der Regel mehr Geld für die Gesundheitsförderung ihrer Mitarbeiter aufwenden können, fällt es kleineren Betrieben oftmals schwerer.
Bei der Bahn BKK kennt man das Problem: „Eine Impfaktion oder ein De-Eskalationstraining lohnen zum Beispiel nur, wenn genügend Leute sich beteiligen“, sagt Eckard Steffin, der das Referat Netzwerk Gesundheit bei der Krankenkasse leitet. Dort bemüht man sich deshalb, kleine Firmen zu gemeinsamen Aktionen zusammenzubringen.
Doch selbst wenn es ein ausgefeiltes Angebot gibt, schaffen es laut der Stichprobe im Corporate Health Jahrbuch von 283 Unternehmen nur wenige Firmen, mehr als die Hälfte der Mitarbeiter mit ihren Angeboten zu erreichen. Die Skepsis, den Arbeitgeber an der eigenen Gesundheit teilhaben zu lassen, überwiegt: „In Deutschland ist Gesundheit meistens noch Privatsache“, stellt Prof. Monika Rieger, Arbeitsmedizinerin an der Universität Tübingen fest.
Nur Angebote zu unterbreiten oder gar Broschüren auszuteilen, hat deshalb kaum einen Effekt. „Die Frage für Unternehmen ist, wie motiviert man Menschen, gesünder zu leben“, sagt Rieger. „Ganz große Betriebe leisten sich Menschen, die nachfragen.“ Vor allem in kleineren Firmen und Familienunternehmen hilft es, wenn der Chef einen gesunden Lebensstil vorlebt.
Bei Trumpf gingen die Initiativen von der Chefetage aus. Der langjährige Firmenlenker Berthold Leibinger führte vor gut 15 Jahren die betriebliche Gesundheitsvorsorge ein. Die Führungsmannschaft ging mit gutem Beispiel voran. Waren etwa Gesundheitschecks mit Blutuntersuchung, Lungenfunktionstest und anderen Laboruntersuchungen erst nur für die Führungskräfte vorgesehen, wurden sie vor zwei Jahren für alle Mitarbeiter eingeführt. 70 Prozent der Führungskräfte und zwei Drittel der Neueinsteiger bei Trumpf nehmen dieses Angebot inzwischen wahr. Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch im Betrieb.
Um wirklich etwas zu erreichen, müssen sichtbare Veränderungen her, sagt die Arbeitsmedizinerin Rieger. „Effektiv ist, wenn sich die Verhältnisse ändern. Das können höhenverstellbare Schreibtische sein, wenn die Beschäftigten die dann auch nutzen.“
Eckard Steffin hat die Erfahrung gemacht, dass konkrete Maßnahmen eine Eigendynamik entwickeln können. In einem Busunternehmen hat er die Fahrer auf Fernstrecken beispielsweise dazu angehalten, Kniebeugen und andere Übungen zu machen. Am Ende machten auch die Fahrgäste mit und die Firma nutzte die Aktion für ihr Marketing. Bei einem Schifffahrtsunternehmen, wo die Mannschaft sich in ihrer Freizeit nur unter Deck aufhalten darf und häufig an Bewegungsmangel leidet, ließ er ein Schiff zum Gesundheitsschiff für besonders sportliche Seemänner umwidmen. Innerhalb der Firma entwickelte sich ein regelrechter Wettbewerb, um auf das Schiff zu kommen.
Am Ende ist es doch eine Frage der Psychologie, die Mitarbeiter für das Angebot zu begeistern, sagt die Arbeitsmedizinerin Rieger: „Lob zieht immer.“ Die Erfahrung hat auch Eckard Steffin gemacht. Vor allem aber dürfe auch das Thema Sport und Gesundheit nicht zu verbissen angegangen werden, sagt er: „Je mehr und unterschiedlichere Dinge ich mache, desto gesünder ist es.“