Fitnessstudio und Babysitter - Wie Firmen Mitarbeiter binden
Berlin (dpa) - Ein Zuschuss zum Essen in der Kantine oder zum Handyvertrag: Solche Extras kennen viele. Inzwischen gehen einige Firmen jedoch weit darüber hinaus. Hier kommen verschiedene Beispiele, wie Arbeitgeber Mitarbeiter an sich binden.
Unternehmensbeteiligung: Das Berliner Start-up Ally beschäftigt 40 Mitarbeiter. Ihre App Ally zeigt Nutzern, auf welchem Weg sie von A nach B gelangen - und welche Verkehrsmöglichkeit die schnellste ist. Der Gründer Tom Kirschbaum und sein Partner möchten, dass die Beschäftigten unternehmerisch denken. Außerdem können sie nicht so hohe Gehälter zahlen wie etablierte Firmen. Sie haben sich deshalb für einen Employee Stock Option Plan (Esop) entschieden.
Esops sind Firmenbeteiligungen: Wer sechs Monate dabei ist, erwirbt seine erste Belegschaftsaktie und so fort. Insgesamt 15 Prozent der Anteile an der Firma gehören den Mitarbeitern. Stimmrechte bei der Unternehmensentwicklung haben sie nicht. Die Idee dahinter: Wird die Firma aufgekauft oder geht an die Börse, sind die Angestellten am Profit beteiligt.
Umsatzbeteiligung: Ein etwas anderes Konzept hat der Bauunternehmer Krieger und Schramm aus Dingelstädt bei Erfurt. Die Firma hat 75 Mitarbeiter und realisiert zum Beispiel größere Wohnanlagen. Das Unternehmen schüttet seit 2011 zehn Prozent des Jahresgewinns an die Mitarbeiter aus. Im vergangenen Jahr hatte dadurch jeder rund 1700 Euro brutto mehr am Jahresende in der Tasche.
„Bei den Mitarbeitern kommt das sehr gut an“, sagt Michael Fuhlrott. Er ist zuständig für das Personal bei Krieger und Schramm. Die Umsatzbeteiligung soll die Angestellten dazu motivieren, unternehmerisch zu denken und kostensparend zu arbeiten. Das Weihnachtsgeld wurde im Gegenzug gestrichen - für die Mitarbeiter bislang aber kein schlechter Deal.
Gesundheitsprävention: Viele Firmen suchen händeringend Ingenieure. Das ist für das Ingenieurbüro Arinko aus Stuttgart ein großes Problem. Als Mittelständler mit 40 Angestellten kann die Firma nicht so viel zahlen wie die großen Namen Daimler und Bosch in der Region. Außerdem sucht Arinko Zeitarbeiter - für viele Ingenieure ist das nicht besonders attraktiv. Die Geschäftsführung macht für seine Mitarbeiter deshalb viel im Bereich Gesundheit. Seit kurzem hat sie sogar einen Personal Trainer engagiert.
„Jeder Mitarbeiter kann bis zu zehn Stunden pro Jahr mit ihm vereinbaren“, erzählt Geschäftsführerin Susanne Seibold. Außerdem erstellt der Trainer auf Wunsch einen Fitness-Plan. Seit 2015 gibt es auch einen Fitness-Raum im Unternehmen, in dem alle Übungen gemacht werden können, die der Personal Trainer empfiehlt. „Das Abo für das Fitness-Studio hat man sich so schon einmal gespart“, sagt Seibold.
Weiterbildungsmöglichkeiten:Bei Zausinger in München suchen sie dringend nach guten Elektronikern in der Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik. Die Firma ist ein Handwerksunternehmen in der dritten Generation mit rund 170 Mitarbeitern. Bei Bauprojekten in München wie dem Gärtnerplatztheater kümmern sie sich zum Beispiel um Stromleitungen und Brandmeldetechnik. Um Fachkräfte zu halten, investiert das Unternehmen in Weiterbildungsmöglichkeiten.
„Jeder Mitarbeiter bekommt pro Jahr die Teilnahme an zehn Stunden in freien Kursen zur Persönlichkeitsentwicklung gesponsert“, erläutert Sabine Hempel, Leiterin der Personalentwicklung bei Zausinger. Dazu zählt zum Beispiel ein Hypnosekurs, um sich das Rauchen abzugewöhnen oder Gewicht abzunehmen. Besonders gefragt sei derzeit ein Seminar zum Thema Resilienz, also zur Widerstandsfähigkeit. Weiter stehen Angebote zur emotionalen Intelligenz oder zum Gesundheitsmanagement auf dem Stundenplan.
Eigenverantwortung:Wooga ist ein Software-Unternehmen mit fast 300 Mitarbeitern in Berlin. In der Firma wurden Smartphone-Spiele wie „Pearl's Peril“ oder „Agent Alice“ entwickelt. „In der Tech-Branche haben wir einen Arbeitnehmer-Markt“, erklärt Marie-Blanche Stössinger, Pressesprecherin von Wooga. Firmen aus der ganzen Welt konkurrieren um wenige Entwickler.
Die Mitarbeiter von Wooga kommen aus 42 Ländern. Altersdurchschnitt: 30 Jahre. Um sie zu halten, bietet das Start-up zum Beispiel einen Notfall-Babysitter-Dienst für berufstätige Eltern an sowie eine Kooperation mit einem Kindergarten. Ausländische Mitarbeiter können kostenlose Deutsch-Kurse nutzen. Hinzu kommen regelmäßige Partys. Im Büro steht eine riesige, offene Küche, in der die Mitarbeiter gemeinsam kochen können.
„Doch vor allem bieten wir an, eigenverantwortlich zu arbeiten“, erläutert Stössinger. Ihrer Mitarbeiterklientel seien zwei Dinge besonders wichtig: persönliche Weiterentwicklung und eigenverantwortliches Arbeiten. Hierarchien gibt es deshalb bewusst deutlich weniger als in traditionellen Unternehmen. Gearbeitet wird in sogenannten Studios - das sind hierarchielose, spezialisierte Teams. Die Spiele werden von den Studios erarbeitet. Jedes Studio ist weitestgehend selbstständig. Glaubt der Leiter des Studios an die Entwicklung eines Spiels, kann er bei guten Argumenten sogar den Gründer überstimmen.