Gericht stärkt Gewerkschaft in Betriebsratstreit
Kiel (dpa) - Gericht beendet Betriebsratsstreit: Demnach dürfen Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die langfristig an eine privatwirtschaftlich organisierte Tochtergesellschaft ausgeliehen werden, bei der Betriebsratswahl mitwählen und -zählen und sind dort wählbar.
Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die einer privatisierten Tochtergesellschaft überlassen wurden, wählen und zählen bei der Betriebsratswahl mit und sind dort wählbar. Das entschied das schleswig-holsteinische Landesarbeitsgericht in mehreren Wahlanfechtungsverfahren (Aktenzeichen: 3 TaBV 31/10; 2 TaBV 35/10 und 3 TaBV 36/10). In allen drei Verfahren wurde die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
In zwei Verfahren hatten Gewerkschaften zwei Betriebsratswahlen vom Mai 2010 angefochten, nachdem ihre Wahlvorschlagslisten vom jeweiligen Wahlvorstand abgelehnt worden waren. Im dritten ähnlich gelagerten Verfahren hatte ein Kreis vier Arbeitnehmer teilweise seit 1997 einer ausgegliederten privatisierten Tochtergesellschaft überlassen. Der Wahlvorstand hatte sie mitgezählt und deswegen fünf Mitglieder in den Betriebsrat wählen lassen. Die Arbeitgeberin meinte dagegen, es hätten nur drei Betriebsratsmitglieder gewählt werden dürfen.
Das LAG meinte dagegen, dass einer privatrechtlich organisierten Tochtergesellschaft langfristig überlassene Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in ihrem Einsatzbetrieb auch ohne arbeitsvertragliche Bindung zum Einsatzbetrieb nicht nur wahlberechtigt, sondern auch wählbar seien und bei der Betriebsratsgröße mitzählen. Das folge aus der seit August 2009 geltenden gesetzlichen Neuregelung des Betriebsverfassungsgesetzes (§ 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG).
In den beiden ersten Fällen hatte das als öffentlich-rechtliche Körperschaft betriebene Klinikum UKSH 2005 den gesamten Servicebereich auf eine neu gegründete Tochtergesellschaft ausgegliedert, die an zwei Standorten in Schleswig-Holstein tätig ist. Dabei waren die Arbeitsverträge mehrerer hundert Beschäftigter, die 2005 ausgegliedert worden waren, stets unverändert geblieben. Sie richteten sich weiterhin nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes, obwohl seit Januar 2010 ein privater Investor zu 49 Prozent an der Servicegesellschaft beteiligt ist. Alle Mitarbeiter hatten nach Angaben des LAG einem Vertragswechsel zum privaten Arbeitgeber widersprochen. Sie wurden aber seit 2005 unverändert an ihren alten Arbeitsplätzen im Betrieb des Tochterunternehmens weiter beschäftigt.
Bei der Betriebsratswahl im Mai 2010 in dem Tochterunternehmen an beiden Standorten durften die überlassenen Arbeitnehmer zwar wählen. Zwei Vorschlagslisten der Gewerkschaften waren vom Wahlvorstand aber nicht zugelassen worden, weil auf ihnen mehrere vom Klinikum gestellte Beschäftigte standen. Diese konnten daher nicht gewählt werden. An einem Standort wurde deshalb auch an Stelle von 13 Betriebsräten nur elf gewählt.