Gerontologen erforschen das Alter
Vechta (dpa/tmn) - Was für Wohnungen brauchen ältere Menschen? Und was für Arbeitsplätze sind ideal? Zu solchen Fragen forschen Gerontologen. Die Experten sind auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Doch bislang gibt es kaum Studienplätze.
Wenn sie nach den Einsatzfeldern ihrer Absolventen gefragt wird, muss Gertrud Backes nicht lange überlegen. „Kommunen, Krankenhäuser, Unternehmen, Pflegeeinrichtungen - die Liste ist lang“, sagt die Professorin am Lehrstuhl Altern und Gesellschaft an der Universität Vechta. Dort wird das Fach Gerontologie, also die Wissenschaft vom Alter und Altern, sowohl im Bachelor als auch im Master angeboten. Sind Studiengänge, die sich mit der immer älter werdenden Gesellschaft beschäftigen, heute gefragter denn je?
„Wir beobachten steigende Studierendenzahlen“, sagt Christin Olschewsky, Fachstudienberaterin für den interdisziplinären Masterstudiengang Alternde Gesellschaften an der Technischen Universität Dortmund. Dort stehen etwa Lehrveranstaltungen wie Altern in der Arbeitswelt, Lernen im Alter, Technik für das Alter oder Unternehmensstrategien in der Seniorenwirtschaft auf dem Stundenplan.
Stark nachgefragt ist auch der Vechtaer Bachelorstudiengang. Zum Wintersemester gebe es regelmäßig mindestens 140 Studienanfänger, sagt Backes. Für Abiturienten sei das Fach als interdisziplinäre Wissenschaft sehr attraktiv. „Es beinhaltet Grundlagen aus Soziologie, Ökonomie, Psychologie, Medizin, Pflegewissenschaften oder auch Betriebswissenschaften“, erzählt die Professorin.
Noch ist die Zahl der rein alterswissenschaftlichen Studiengänge allerdings überschaubar. Es gibt derzeit einen Bachelor und sechs Master, die sich Gerontologie nennen. Seit Ende der 80er Jahre wird das Fach an deutschen Hochschulen gelehrt. Wer sich für das Thema Alter und Altern interessiert, kann das aber auch in einer anderen Disziplin zu seinem Schwerpunkt machen. „In den Fächern Soziale Arbeit, Soziologie und Psychologie ist das etwa möglich“, erklärt Astrid Hedtke-Becker. Sie ist designierte Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG).
Wer gerontologisches Fachwissen besitzt, hat laut Professorin Backes gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt: „Die Nachfrage nach Gerontologen und Experten auf dem Gebiet Alterswissenschaften steigt.“ Laut Hedtke-Becker gibt es Dutzende Einsatzfelder für Gerontologen. Das könnten etwa größere Wohlfahrtsverbände, Altenheime oder Pflegeeinrichtungen sein.
Außerdem sind Gerontologen laut Backes in planerischen, beratenden und konzeptionellen Bereichen tätig. So müssen sich Krankenhäuser auf das zunehmende Alter der Patienten einstellen und entsprechende Pflege- und Behandlungskonzepte entwickeln. Firmen werden sich in Zukunft ebenfalls zunehmend fragen, was das steigende Alter der Belegschaft für die Personalpolitik bedeutet.
Als Konsumenten sind ältere Menschen auch für die Wirtschaft eine wichtige Zielgruppe. „Silver Economy“ oder Seniorenwirtschaft ist hier das Stichwort. Dazu zählen laut Olschewsky etwa die Tourismus- und Fitnessbranche, Kosmetikunternehmen oder Wellness-Anbieter sowie die Gesundheits- und Wohnungswirtschaft. Gerontologen könnten auch erklären, wie Werbung gestaltet sein muss, damit sie Zielgruppen zwischen 60 und 100 Jahren anspricht.