Fachkräfte aus Fernost sollen Pflege-Notstand in Heimen lösen
Hannover (dpa) - Bundesweit suchen Pflegeheime händeringend qualifiziertes Personal. Weil es hierzulande zu wenig geeignete Bewerber gibt, richten sie ihren Blick verstärkt nach Asien. Der Fachkräftemangel ist ein großes Thema bei der Messe „Altenpflege 2014“ in Hannover.
Für das Seniorenheim Eilenriedestift in Hannover sind die vier Auszubildenden aus Vietnam ein Glücksgriff. „Sie haben eine große Wertschätzung für alte Menschen, sind sehr geduldig und machen ihre Arbeit mit Stolz“, schwärmt Direktorin Susanne Hartsuiker. Vor einem halben Jahr sind die zwei jungen Frauen und zwei jungen Männer in Niedersachsen eingetroffen. „Ihr Deutsch hat sich inzwischen rasant verbessert“, erzählt Hartsuiker.
Rund 30 000 Fachkräfte fehlen in deutschen Pflegeheimen, dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung zufolge werden bis 2030 mehr als 94 000 Fachkräfte und fast 200 000 Hilfskräfte zusätzlich benötigt. Wegen der geburtenschwachen Jahrgänge gibt es zu wenig geeignete Bewerber. „Egal wie groß die Anstrengungen sind, die wir unternehmen, wir können den Bedarf durch Bewerber aus Deutschland nicht alleine decken“, sagt Thomas Greiner, Präsident des Arbeitgeberverbands Pflege.
Ist Zuwanderung der alleinige Ausweg aus der Misere? Der Beauftragte der Bundesregierung für Pflege, Karl-Josef Laumann, hat die internatonale Fachmesse „ Altenpflege 2014“ (25. bis 27. März)in Hannover eröffnet. Der CDU-Politiker forderte kürzlich für Pfleger ein deutliches Lohnplus auf 14 bis 18 Euro, zudem sollten Pflegekräfte „sehr viel selbstbewusster“ auftreten, ähnlich wie heute Ärzte und Apotheker.
„Die Attraktivität des Pflegeberufs in Deutschland muss größer werden“, fordert auch Burkhardt Zieger vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe. Sein Verband plädiert für die Einrichtung einer Pflegekammer, analog zur Ärzte- oder Apothekerkammer. Derzeit fehlten qualifizierte Bewerber für Ausbildungsplätze, sagt Zieger. „Die Pflege darf kein Auffangbecken für diejenigen werden, die woanders keine Chance haben.“ Den Blick allein aufs Ausland zu richten, sei keine Lösung.
Der Arbeitgeberverband Pflege hat vor drei Jahren Kontakte nach China geknüpft, um fertig ausgebildete Fachkräfte anzuwerben. Ziel dieses Pilotprojekts ist es, bis Ende des Jahres 150 Pflegerinnen und Pfleger aus China nach Hessen, Hamburg und Baden-Württemberg zu holen. Mit Fachkräften aus Spanien und Osteuropa hätten manche Einrichtungen schlechte Erfahrungen gemacht, berichtet Arbeitgeberpräsident Greiner. Viele gingen bereits nach kurzer Zeit zurück in ihre Heimat.
Gesundheitswissenschaftlerin Monika Habermann sieht den Grund für die Abwanderung im schlechten Ansehen der Pflege in Deutschland. „In anderen EU-Ländern ist das Image weit besser, die Pflegekräfte haben alle studiert und tragen mehr Verantwortung“, sagt die Professorin von der Hochschule Bremen. In der Summe sei der Job in Deutschland für sehr viele Europäer nicht attraktiv genug.
Ein großes Hindernis für die Migranten ist die Bürokratie: „Es gibt keine zentrale Stelle, die ausländische Abschlüsse anerkennt“, sagt Greiner. Studien aus den USA belegen außerdem, dass zugewanderte Krankenpflegerinnen rund drei bis vier Jahre benötigen, bis sie sich wirklich angekommen fühlen. „Die Phase der Einarbeitung darf auch wegen der vielen medizinischen Fachbegriffe nicht zu kurz sein“, warnt Gesundheitswissenschaftlerin Habermann. Notwendig sei überdies eine Unterstützung in Alltagsdingen.
Die Deutsche Seniorenstift Gesellschaft (DSG), die bundesweit 18 Pflegeheime betreibt, hat beispielsweise eine Integrationsbeauftragte eingestellt. Sie kümmert sich vor allem um die elf aus Spanien und Ungarn angeworbenen Pflegekräfte. „Ausländische Fachkräfte sind keine billige Lösung“, betont DSG-Geschäftsführer Frank Steinhoff.