Glucke, Gamer, Spießer - Eine Typologie der WG-Mitbewohner
Berlin (dpa/tmn) - Mit dem Studium beginnt für viele ein Abenteuer: das Leben in einer WG. Gerade in Städten, in denen der Wohnraum knapp und teuer ist, ist diese Wohnform sehr beliebt.
Die WG bringt aber nicht nur das ersehnte Zimmer in der zentralgelegenen Altbauwohnung, sondern auch die unterschiedlichsten Mitbewohner mit sich. Ob Chaot oder Spießer: Manchen Zimmernachbarn trifft man immer wieder. Hier eine Typologie diverser WG-Genossen und Tipps dazu, wie man es mit ihnen aushält.
Spießer: Er liebt den Geruch vom frisch gewischten Fußboden. Der Klang des Staubsaugers lässt sein Herz höherschlagen. Mit der Leidenschaft zum Listenschreiben treibt der Spießer seine Zimmernachbarn zur Weißglut. Denn in seiner WG muss alles durchorganisiert sein. Was ihn auf die Palme bringt? Ein Haar im Waschbecken oder auch einfach ein umgeworfenes Sofakissen. Chaos ist sein natürlicher Feind. Der Putzplan dagegen sein bester Freund. „Wer sich an diesen hält, wird keine Probleme mit dem Spießer haben“, sagt Matthias Hensche vom Wohnraumservice des Hochschul Sozialwerks Wuppertal.
Chaot: Wo ist mein Schlüssel? Hat jemand mein Haustier gesehen? Das sind die Standardsätze des Chaoten. Das Zimmer dieses Mitbewohner-Typs sieht man nur selten. Die Tür ist meistens zu. Sollte man aber doch in sein heiliges Reich stolpern, folgt immer: „Ich muss noch aufräumen.“ In den meisten Fällen bleibt es aber bei einer Absichtserklärung. Denn die Spaghetti von vorgestern, die auf dem Tisch stehen, sind auch morgen noch da. Also wann sollte man eingreifen? „Der Chaot lernt nur aus Fehlern, also lieber nicht einmischen, wenn er wieder etwas verloren hat“, sagt Stefan Grob vom Deutschen Studentenwerk in Berlin.
Phantom: Ein lautes Knarren, ein leises Flüstern: Mehr bekommt man vom WG-Phantom nicht mit. Markantestes Erkennungsmerkmal - Abwesenheit. Genau zweimal im WG-Leben sieht man das Phantom garantiert: beim WG-Casting und bei der Schlüsselübergabe. Wer sich die Wohnung mit diesem Mitbewohner-Typ teilt, sollte sich auf ruhige Abende allein in der Küche oder im Wohnzimmer einstellen. Denn die WG mit einem Phantom erinnert eher ans Alleineleben. „Der WG-Bewohner sollte sich also im Vorfeld über seine Wohnart-Vorlieben klar sein“, sagt Katrin Bansemer vom Studierendenwerk Heidelberg. Wer sich auf das bunte Treiben in einer Studenten-WG gefreut hat, ist hier falsch.
Gamer: Sein Biorhythmus passt nicht so recht in das WG-Leben. Wenn alle schon schlafen, wird der Gamer erst richtig wach. Nachts treibt er sich in der Welt von mystischen Spielen herum. In der virtuellen Welt fühlt er sich zu Hause. Tagsüber holt er den mangelnden Schlaf nach. Deshalb ist der Gamer auch ein Langschläfer, am Frühstückstisch sieht man ihn nur selten. Man erkennt ihn an den tiefen Ringen unter den Augen und an seinem blassen Bildschirm-Teint. Auf analoge Spieleabende darf man beim Gamer nicht hoffen. Wer diesen Mitbewohner-Typ doch näher kennenlernen will, sollte einfach mit ihm in die digitale Welt abtauchen.
Glucke: Sie ist die gute Seele der WG. Das Wort Gemeinschaft wird bei der Glucke besonders groß geschrieben. Rund um die Uhr möchte die dieser Typus für ein Miteinander sorgen. Egal, ob am Herd, vor dem Fernseher, ja und auch vor dem Spiegel im Badezimmer ist sie immer live dabei. Nebenberuflich ist die Glucke WG-Koordinatorin für Ausflüge oder kuschlige Kochabende und Moderatorin für endlose Gespräche. Wer jetzt denkt: Zimmertür zu, Glucke weg, der irrt. Diese Mitbewohnerin kennt keine Grenze. „Hier helfen keine Andeutungen, sondern Sprechzeiten. Bei so einem Mitbewohner-Typ muss man klar sagen, wann es einem zu viel wird“, sagt Stefan Grob.
Partylöwe: Das Wohnzimmer fühlt sich an wie ein U-Bahnhof. Ständig schwirren neue Leute durch den Flur. Den König des WG-Dschungels erkennt man an seinem Dauerpartymodus. Der Partylöwe lässt ungern etwas anbrennen. Jede Nacht wird die WG deshalb zum Club. Das Resultat: Stapelweise türmen sich Pfandflaschen in der Küche. Auf dem Fenstersims stehen 15 leere Whisky-Flaschen. Wer mit dem Partylöwen zusammenwohnt, kann seine Nachtruhe vergessen, dafür sorgt der dröhnende Bass aus dem Wohnzimmer. „Wenn man bei der Feierei nicht mitmachen möchte, sollte man Gruppendruck aufbauen und andere Leute aus der WG mit ins Boot holen“, empfiehlt Matthias Hensche. Im Pyjama aus dem Zimmer zu stürmen und „Bitte leiser!“ zu rufen, bringt eher wenig.
Schnorrer: Der Supermarkt hatte schon zu, der Bank-Automat war schon leer: Der Schnorrer ist ein Meister im Erfinden von Ausreden. Ob Waschpulver oder Duschgel: Bei ihm herrscht ständig Bedarf. Mit „Kannst du mir mal“ fangen die meisten seiner Sätze an. Aber er liebt es auch, sich ohne zu fragen, am WG-Kühlschrank zu bedienen. Aufregen bringt nichts, denn dann folgt: „Stell' dich nicht so an, ist doch nur ein Joghurt.“ „Bei so einem Mitbewohner helfen nur abschließbare Fächer in der Küche und im Bad“, empfiehlt Hensche.