Handschlag oder Verbeugung? Interkulturelle Trainings im Job

Nürnberg (dpa) - Geschäfte werden in der ganzen Welt gemacht - doch die Art und Weise unterscheidet sich erheblich. Wenn deutsche Firmen ins Ausland gehen, bereiten sie ihre Mitarbeiter oft auf die Gepflogenheiten vor.

Die Unterschiede sind manchmal tückisch.

Schlafende Seminarteilnehmer in Japan, eine herzliche Umarmung vom spanischen Geschäftspartner oder ständiges Ins-Wort-Fallen in brasilianischen Meetings: Im Ausland läuft im Geschäftsleben so einiges anders als hierzulande. Wer völlig unbedarft an die kulturellen Unterschiede herangeht, tritt leicht in Fettnäpfchen. Viele Unternehmen schicken ihre Mitarbeiter deshalb in spezielle Trainingsseminare.

„Wenn Sie wissen, wir Ihr Gegenüber tickt, können Sie bessere Geschäfte machen“, begründet Frank Dollendorf von der IHK für München und Oberbayern diesen Trend. Es sei wichtig, sich mit den Besonderheiten des gastgebenden Landes oder der Kultur des Gastes vertraut zu machen - sonst sind Missverständnisse programmiert.

„Der Deutsche neigt eher dazu, sich auf die Sache zu konzentrieren, auf das Was“, erläutert Dollendorf. „Er ist eher sachorientiert, konzentriert sich ganz auf die Inhalte und Aufgaben und hat die persönliche Beziehung nicht so stark im Fokus. Es geht beim Kommunizieren mit anderen Ländern aber häufig um das Wie.“

In vielen Kulturen sei die Kommunikation viel subtiler und kontextabhängiger. „Hier sagt man, was man denkt, ist eindeutig und unverschlüsselt“, berichtet Dollendorf. Doch nicht nur in Asien, sondern schon jenseits der Grenze in Österreich werde ein direktes „Nein“ als unhöflich empfunden. Dies müsse man wissen, um die Aussagen des Geschäftspartners richtig einordnen zu können und sich selbst entsprechend zu verhalten.

Da schon wenige Unachtsamkeiten großen Schaden anrichten können, sind spezialisierte interkulturelle Trainingsangebote in Großkonzernen schon lange Usus. Auch der Mittelstand entdeckt sie zunehmend für sich - die Anbieter offerieren Schulungen für nahezu jedes Land, von Brasilien über Südafrika bis Indonesien.

Manche Kniffe lehrt einen aber erst die Praxis. „Das Beste ist die Nummer, wie Wodka zu Wasser werden kann, wenn man sich einen vertrauenswürdigen Kellner sucht“, plaudert Peter Ottmann, Geschäftsführer der NürnbergMesse, aus dem Nähkästchen. „Das funktioniert in ganz Osteuropa.“ Generell gelte: „In der ganzen Welt ist das "Socializing" unheimlich wichtig. Man kann nur mit Nordeuropäern so direkt auf den Punkt kommen wie mit Deutschen.“

Ottmann empfiehlt deshalb durchaus, sich mit den kulturellen Gepflogenheiten der Geschäftspartner vertraut zu machen. „Es ist aber noch wichtiger, dass man nicht permanent eine Checkliste im Kopf hat, wie man sich gerade verhalten sollte, sondern authentisch und offen bleibt. Die wissen auch: Wir sind Europäer. Also sollten wir nicht versuchen, chinesischer als die Chinesen zu sein.“

Obwohl dies manchmal durchaus zu Heiterkeit führen kann, wie Ottmann berichtet: „Lustig ist es, wenn beide Partner ein interkulturelles Training genossen haben. Dann kommt der Japaner auf einen zu mit ausgestreckter Hand, während man selbst gerade eine Verbeugung macht.“

Für Said Ghanmi ging es in der Kultur-Schulung nicht nur um die richtige Begrüßung. Seine Trainer erklärten ihm vor allem, wie seine künftigen Kollegen und Nachbarn ticken - der 33-jährige Tunesier ist dem Ruf seines Arbeitgebers gefolgt und arbeitet seit knapp einem Jahr im Kitzinger Werk des Bordnetzspezialisten Leoni. „Die Deutschen sind sehr strukturiert, sehr zielorientiert, sehr "ZDF" - Zahlen, Daten, Fakten“, schildert der Ingenieur seine Eindrücke.

Pünktlichkeit sei extrem wichtig, jedes Meeting habe eine Tagesordnung, feste Strukturen und Ablaufprozesse bestimmten die Vorgehensweise. „In Tunesien gehen wir viel eher Risiken ein und suchen Veränderungen.“ Ungewohnt sei auch die Einstellung „nicht gemeckert ist gelobt genug“, berichtet Ghanmi. Zugleich gehe dies aber mit wesentlich mehr Eigenverantwortung und weniger Kontrolle als in Tunesien einher, was er sehr zu schätzen wisse.

Zu knabbern hat der Vater zweier kleiner Kinder daran, wie strikt die Deutschen Beruf und Privatleben trennen. „Es dauert Zeit, bis man diese Brücke überschreiten kann.“ Mit den vielen Eigenarten der Deutschen könne er inzwischen ganz gut umgehen, auch dank des vorbereitenden Trainingskurses. „Er hat mir einen Weg aufgezeigt, wie ich meinen eigenen kulturellen Hintergrund an die deutsche Art zu denken anpassen kann, ohne meine Identität zu verlieren.“