IT-Kenntnisse gefragt: Berufe im Kampf gegen den Terror
Berlin (dpa/tmn) — In einem großen Besprechungsraum sind die Tische u-förmig zusammengeschoben. An jedem Platz steht ein Rechner und ein Telefon, an der Stirnseite hat eine große Welt- sowie eine Deutschlandkarte Platz.
In dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin treffen sich Mitarbeiter aus 40 Behörden von Bund und Ländern, darunter Islamwissenschaftler, Polizisten, Informatiker, Kriminologen und Übersetzer. Ihre Aufgabe: die Demokratie schützen.
Hanna Schüller (Name geändert) ist eine von ihnen. Sie ist studierte Islamwissenschaftlerin und arbeitet im Gemeinsamen Internetzentrum in Berlin. „Nach dem Vorbild des GTAZ arbeiten dort Vertreter verschiedener Sicherheitsbehörden eng zusammen“, erklärt sie. Nach ihrem Abschluss 2008 fand sie über ein gängiges Jobportal eine Stellenausschreibung vom Bundeskriminalamt (BKA). Das Amt suchte eine Islamwissenschaftlerin für die Internetauswertung. „Das Jobangebot klang attraktiv“, erzählt sich Schüller. Eine Behörde biete gute Arbeitsbedingungen: Bezahlung nach Tarif und ein fester Vertrag.
Mit ihrem Auslandsaufenthalt in Kairo konnte Schüller bei der Bewerbung für die ausgeschriebene Stelle punkten. Der Bewerbungsprozess sei sehr aufwendig gewesen, erinnert sie sich. Schüller musste ihre Sprachkenntnisse in Arabisch und Persisch nachweisen und wurde in einem Test über den islamistischen Terror befragt. Erst danach kam das eigentliche Vorstellungsgespräch.
„Personen, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden sollen, müssen sich vorher zudem einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen“, erklärt Marianne Falasch vom BKA. Das heißt: Auszug aus dem Strafregister, Überprüfung des Lebenspartners und Befragung dritter Personen über den Bewerber.
Schüller sieht sich in ihrer Position im Gemeinsamen Internetzentrum als „Expertin, um Kontexte zu erklären“. Sie wertet dschihadistisch ausgerichtete Internetseiten und Botschaften aus, die über das Netz verbreitet werden. „Konzeptionelles, vernetztes und analytisches Denken ist von Vorteil, will man in der Terrorismusbekämpfung arbeiten“, sagt Karriereberaterin Nadja Henrich.
Weil Terroristen sich heut vor allem über das Internet organisieren, hat sich die Arbeit in den Behörden in den vergangenen Jahren erheblich verändert. Für die Terrorismusbekämpfung werden neben Islamwissenschaftlern verstärkt Informatiker gesucht. Bewerber müssen nicht unbedingt studiert haben. „Wir stellen auch Mitarbeiter mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung ein“, erklärt Falasch vom BKA.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bietet sogar IT-Stipendien an, in denen Informatikstudenten finanziell unterstützt werden, um im Anschluss beim BfV zu arbeiten. Es gibt auch die Möglichkeit, beim BfV das duale Studium zum Diplom-Verwaltungswirt zu machen.
Neben Islamwissenschaftlern und Informatikern suchen die Behörden Observationskräfte. Sie beobachten auffällige Rückkehrer oder Personen, die im Internet radikalisierende Botschaften verbreiten.
Für einige Bewerber mag eine Anstellung in der Terrorismusbekämpfung wie eine James-Bond-Mission klingen. Von dieser Vorstellung sollte man sich aber lösen. „Meine Arbeit beim BKA findet hauptsächlich im Büro statt“, erzählt Hanna Schüller. Nur manchmal kommt es vor, dass sie Vorträge hält, bei Hausuntersuchungen dabei ist oder als Zeugin vor Gericht aussagt.