Kleine Schritte - Nach langer Krankheit zurück in den Job
Neu-Ulm (dpa/tmn) - Auf die Betriebsferien nach Weihnachten freute Alexander Kreidel (52) sich sehr. Obwohl er gerade im November in die Arbeit zurückgekehrt war. Der Arzt hatte ihn wegen seines hartnäckig schmerzenden Arms zuletzt für acht Wochen krankgeschrieben.
Er wollte nicht schon wieder ausfallen. In den Betriebsferien würde die Entzündung im Arm schon abklingen, so seine Hoffnung. Doch das war nicht der Fall. Im Gegenteil: Zurück bei der Arbeit hatte sich sein Arm nach ein paar Wochen so verschlimmert, dass er nicht einmal mehr jemandem die Hand geben konnte, ohne Schmerzen zu haben. An Arbeit war auf absehbare Zeit nicht zu denken. „Da kommen einem viele Sorgen in den Kopf“, sagt er.
Kreidel arbeitet bei EvoBus, einer Daimler Tochter, die Omnibusse produziert. Er war in einem Team, dass die Sitze in den Bussen montiert. Er trug mit Kollegen die im Werk produzierten Sitze im Bus an die richtige Stelle im Fahrzeug und befestigte sie. Irgendwann streikte sein Arm. Was Kreidel geschehen ist, kann viele Arbeitnehmer treffen. Die Befürchtungen sind dann groß.
Im Hinblick auf eine krankheitsbedingte Kündigung ist für Mitarbeiter gut zu wissen, dass die Voraussetzungen sehr hoch sind, sagt Hans-Georg Meier. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins. Voraussetzung ist unter anderem, dass ein Arbeitnehmer drei Jahre hintereinander mindestens jeweils mehr als sechs Wochen krank gewesen ist. Es kommt aber immer auf den Einzelfall an.
Für sechs Wochen bekommen Arbeitnehmer Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber. Danach springt die Krankenkasse für maximal 78 Wochen mit Krankengeld ein - das sind etwa 70 Prozent des Bruttoentgelts. Dann bleibt die Möglichkeit, Leistungen von der Arbeitsagentur oder von der Rentenversicherung zu beantragen.
Als Kreidel zum zweiten Mal länger krankgeschrieben war, bekam er wie beim ersten Mal Post vom EvoBus-Gesundheitsmanagement. Er wurde zu einem Gespräch zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) eingeladen. Dabei wird gemeinsam überlegt, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und der Mitarbeiter wieder optimal in den Betrieb eingegliedert werden kann. Auch kann sich der Mitarbeiter den Personenkreis aussuchen, der bei den Gesprächen dabei ist, sagt Kerstin Meyer Koschnike vom Evo-Bus-Gesundheitsmanagement. Gemeinsam wird dann überlegt, was der Arbeitgeber tun kann, um die Arbeitsfähigkeit und die Gesundheit des Mitarbeiters zu erhalten.
Arbeitgeber sind laut Sozialgesetzbuch 9 dazu angehalten, BEM anzubieten. Für die erkrankten Mitarbeiter ist es ein freiwilliges Angebot. „Beschäftigte sind in dem Gespräch nicht dazu verpflichtet, zu erzählen, welche Krankheit sie haben“, erläutert Andreas Tautz. Er ist Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM). Das Ziel ist, gemeinsam eine Perspektive für den Mitarbeiter zu entwickeln, Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Gibt es in Firmen kein organisiertes Gesundheitsmanagement, suchen Betroffene am besten frühzeitig das Gespräch mit dem Betriebsarzt.
Kreidel wurde im April am Ellbogen operiert. Ganz in Ordnung ist sein Arm noch nicht, aber es wird besser. Das Ergebnis des BEM: Er hat nun einen Job in der Qualitätskontrolle, bei dem er seinen Arm weniger stark belasten muss. Nach der Operation stieg er im Rahmen einer stufenweise Wiedereingliederung mit einer geringen Stundenanzahl wieder ein und steigerte sich dann. „Dank des betrieblichen Eingliederungsmanagements hat die Rückkehr in den Job schnell geklappt.“