Konzerne bauen Online-Netzwerke für Mitarbeiter

Berlin (dpa) - Weniger E-Mails, mehr Likes: Viele Unternehmen wollen ihre interne Kommunikation verstärkt über eigene Soziale Netzwerke laufen lassen. Aber die Diskussionen können auch aus dem Ruder laufen.

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Bislang sorgen einfache Fragen unter Kollegen oft für verstopfte E-Mail-Postfächer und strapazierte Nerven. Eine Mail wird an viele Empfänger adressiert und kann in unzähligen Postfächern landen. Mit Online-Netzwerken für ihre Mitarbeiter wollen Konzerne wie BASF, Continental oder die Telekom die E-Mail-Flut in ihren Unternehmen jetzt eindämmen. Hilfe bei einem Computerfehler gesucht? Frage zu einem Projekt aufgetaucht? Oder einfach nur den Schlüssel verloren? Mit solchen Problemen soll nicht mehr der ganze Konzern aufgehalten werden. Deshalb lassen sich Unternehmen inzwischen ihre eigenen Sozialen Netzwerke bauen, ganz ähnlich zu Facebook, LinkedIn oder Xing.

Tobias Arns schätzt, dass sich inzwischen etwa ein Drittel der Dax-Unternehmen eigene Netzwerke eingerichtet haben. Vor einigen Jahren sei das noch mit sehr aufwendig gewesen, sagt der Social-Media-Experte vom IT-Branchenverband Bitkom. „Früher musste man sich solch eine Social Software extra anfertigen lassen oder selbst programmieren. Heute gibt es gute Lösungen von der Stange.“

Anbieter gibt es heute viele. Microsoft betreibt die Plattform Yammer, IBM hat das Programm Connections im Portfolio. Einige Dax-Unternehmen nutzen die Software des US-Unternehmens Jive, unter anderem die Telekom und die Allianz. Bei dem Münchner Versicherer ist das Programm seit 2012 im Vollbetrieb.

Im „Allianz Social Network“ können die Mitarbeiter anderen Kollegen folgen, Gruppen gründen, Umfragen starten, Beiträge kommentieren und sogar Likes verteilen. „Die meisten Funktionen von Facebook, Xing oder Twitter werden sie auch in ausgereiften Unternehmensnetzwerken finden“, sagt Arns. Ganz wichtig sei aber eine gute Verschlagwortung und eine umfangreiche Suchfunktion. „Ein Ziel der Netzwerke ist es ja, das Wissen im Unternehmen für alle zugänglich machen.“

Normalerweise zahlt ein Unternehmen für jeden Nutzer 12 Dollar (etwa 8,80 Euro) im Monat. Ab 400 Nutzern wird der Tarif für die Firma allerdings individuell ausgehandelt. Dann kommen noch die Kosten für die Einführung dazu. Laut Nikolai Shulgin vom Softwarehersteller Bitrix wird das mit steigender Unternehmensgröße schwieriger. „50 bis 100 Mitarbeiter kriegen die Kurve schon besser hin. 400 bis 500 Mitarbeiter tun sich ein bisschen schwer, weil die Roll-out-Phase länger ist und viele Schulungen gemacht werden müssen“, sagt er. Die größte Herausforderung sei es aber, die Mitarbeiter dazu zu motivieren, damit mit dem Netzwerk zu arbeiten.

Bei der Allianz nutzen fast 10 000 Mitarbeiter weltweit das System. Die Anwendung ist aber freiwillig. „Die Kollegen haben auch die Möglichkeit ein Foto einzustellen, das ist aber kein Muss“, sagt Michael Wegscheider von der Allianz Deutschland.

Ganz wichtig sei es, auch den Betriebsrat ins Boot zu holen. „So etwas geht natürlich ohne die Zustimmung der Gremien überhaupt nicht“, sagt Wegscheider. Beim Versicherer regelt eine Betriebsvereinbarung den Umgang mit dem Netzwerk. „Theoretisch wäre es ja möglich, die Login-Zeiten und die Aktivität der Mitarbeiter im Netzwerk zu überwachen. Damit solche Befürchtungen erst gar nicht aufkommen, müssen die Mitarbeitervertreter ganz früh in die Gestaltung der Netzwerke eingebunden werden“, erklärt Arns.

Die unternehmensöffentliche Kommunikation birgt aber noch andere Risiken. Beleidigungen und Cyber-Mobbing sind auch in Konzern-Netzwerken denkbar. Bei der Allianz ist Wegscheider ist unter anderem mit für die Moderation des Netzwerks zuständig: „Da fällt eigentlich kaum was an, Mobbing überhaupt nicht.“ Hin und wieder passiere es, dass Diskussionen „ein wenig kantiger werden“.

Dann schaltet sich sein Team ein und versucht, die Debatte zu entschärfen. „Wenn sich wirklich mal jemand im Ton vergreift, dann löschen wir das und nehmen auch gleichzeitig Kontakt mit den Kollegen auf.“ Meistens sei es aber gar nicht so scharf gemeint, wie es im Netzwerk formuliert wurde. Da stoße man dann eigentlich immer auf Verständnis. „Ich habe noch keinen Fall erlebt, wo es wirklich kontrovers wurde.“

Es muss aber nicht immer ganz ernst zugehen im Netzwerk. 95 Prozent der geposteten Nachrichten haben zwar unmittelbar mit der Arbeit zu tun, schätzt Wegscheider. Es gebe aber im Allianz Social Network auch eine Radfahrer-Community.