Schnüffeln mit Abschluss: Training für Detektive
Münster (dpa) - Sherlock-Holmes-Klischees sind nicht das größte Übel: Schwarze Schafe unter Kollegen verderben Detektiven das Image. Ein Kurs soll jetzt für mehr Seriosität unter den Ermittlern sorgen.
Er nimmt keine Fingerabdrücke, trägt keine Schiebermütze und geht auch nicht mit einer riesigen Lupe auf die Spurensuche: Markus Palm, Detektiv. Für seine Auftraggeber entlarvt der 37-Jährige klauende Arbeitnehmer oder als Putzfrauen getarnte Betriebsspione. Mit Improvisation, List und Super-Zoom-Objektiven - und ohne das Gesetz zu übertreten. Aber was für Palm und sein Team normal ist, trifft nicht auf viele schwarze Schafe unter privaten Ermittlern zu. Von rund 1400 Detektivbüros in Deutschland gilt in der Branche nur ein Bruchteil als seriös. Das soll sich ändern: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Münster bildet ab März in einem nach eigenen Angaben bundesweit einmaligen Lehrgang Detektive aus.
Initiiert wurde der Kurs von drei Detekteien selbst - darunter auch der von Palm, der Büros in Münster, Dinslaken und dem westfälischen Everswinkel führt. Weil sie ihn für kompetent hält, setzt die IHK den Ermittler als Dozenten ein. „Um eine Detektei aufzumachen, reicht bisher ein Gang zum Gewerbeamt“, sagt Palm.
Der Detektiv-Beruf sei weder geschützt noch gebe es einen geregelten Ausbildungsweg, erklärt Josef Riehl, Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Detektive (BDD) in Bonn. „Deshalb drängen ständig neue, für die Tätigkeit oft ungeeignete Firmen auf den Markt.“ So schnell, wie sie Detektiv werden, hängen viele die Arbeit als Spürnase jedoch wieder an den Nagel. Zwischen fünf und sieben Prozent der Detektivbüros in Deutschland melden nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform jedes Jahr Insolvenz an. Damit gehören Detekteien zu den Spitzenreitern in den Pleite-Statistiken.
„Es gibt etliche Büros, die weder ein wirtschaftliches Konzept haben noch richtig qualifiziert sind für die Aufträge, die sie annehmen“, sagt Palm. Heute gehörten zu den Aufgaben von Detektiven forensische Arbeiten genauso wie komplexe Finanzfälle oder Produktpiraterie. Was er selbst über seinen Beruf weiß, hat sich der Familienvater selbst angeeignet, Rechtsbücher gewälzt, Computerkenntnisse vertieft. Damit andere das Handwerk systematischer lernen können, betreut Palm nun den Detektivlehrgang der Kammer.
An 30 Unterrichtstagen erfahren angehende Ermittler, wie sie etwa Zielpersonen observieren und Körpersprache richtig deuten können. Auch Rechtsgrundlagen und Psychologie gehörten zu der Qualifizierung, erklärt der Leiter der IHK-Akademie, Norbert Steinig. Dozenten sind Kommunikationstrainer, Rechtsanwälte und eine Schauspielerin. Die praktischen Seminare übernehmen Profis wie Palm.
Nach einem Test dürfen sich die Teilnehmer „Privat- und Wirtschaftsermittler/-in IHK“ nennen. Eine staatlich anerkannte Ausbildung gibt es damit zwar immer noch nicht. Wichtig sei der Lehrgang aber dennoch, sagt Steinig. „Wir haben festgestellt, dass Anbieter in vielen Bereichen nicht geschult sind, die Kunden wichtig sind.“ Wer einen Detektiv engagiere, müsse darauf vertrauen können, dass dieser sein Handwerk beherrsche.
Auch Detektiv-Verbände bemühen sich um mehr Struktur in der Branche. Bundesweit sind aber bislang nur rund 300 Ermittler in solchen Verbänden organisiert, der BDD zählt 160 Mitglieder. Hier tauschen sich Spezialisten aus: Detektive, die sich mit Handys auskennen, mit Kindesentführungen oder Fälschungen in der Kunstszene. Doch die Aufnahmehürden sind hoch. „Viele scheuen sich, sich unseren Normen zu unterwerfen“, erklärt BDD-Sprecher Riehl. Dabei sei das Netzwerk wichtig - auch, um das Image der Branche aufzupolieren.
Mit negativen Schlagzeilen hatten Detektive auch durch Skandale wie die Abhöraffäre bei einem Lebensmitteldiscounter vor mehreren Jahren zu kämpfen. Damals kam heraus, dass Detektive im Auftrag des Arbeitgebers Mitarbeiter ausspioniert hatten. An dem schlechten Ruf der Ermittler sind aber nicht nur schwarze Schafe Schuld, findet Palm. „Es ist erschreckend, wie unser Beruf in den Medien dargestellt wird“, sagt er. „Serien wie "Lenßen und Partner" sind völlig realitätsfern.“
Wer beim Stichwort Detektiv an Kalle Blomquist, Nick Knatterton oder die Drei Fragezeichen denkt, erntet bei Palm also höchstens Stirnrunzeln. Hätte es Miss Marple allerdings wirklich gegeben, hätte der Chef-Ermittler die von ihren Gegnern unterschätzte alte Dame wohl mit Begeisterung in sein Team aufgenommen - „Frauen sind unauffälliger, niemand rechnet damit, dass sie Detektive sind“, sagt er. „Leider gibt es zu wenig Frauen in unserem Beruf.“