Mit Fingerspitzengefühl Schussel oder Saboteur: Was tun, wenn der Kollege Mist baut?
Bremen (dpa/tmn) — Vertrauliche Infos gelangen nach außen, Akten und Dateien verschwinden, Lästereien beschädigen den Ruf des Unternehmens: Ist da ein Saboteur unter den Kollegen?
Die meisten Arbeitnehmer denken bei Sabotage wohl eher an spektakuläre Fälle wie Industriespionage oder zerstörte Maschinen - nicht an gelöschte Daten oder böse Gerüchte. Aber auch im Kleinen wird sabotiert. Die Abgrenzung etwa zu Mobbing oder schlicht und einfach Unfähigkeit ist allerdings nicht gerade leicht. Wer einen Verdacht gegen Kollegen hegt, sollte daher mit Fingerspitzengefühl vorgehen.
Fakt ist: Sabotage schadet dem Unternehmen und geschieht mit Vorsatz. Selbst mit dieser Definition ist aber manchmal schwer zu unterscheiden, ob jemand sabotiert oder einfach nicht gut in seinem Job ist — Fehler also nicht mit Absicht macht. Man neige dazu, anderen öfter Absicht zu unterstellen, als dies tatsächlich der Fall ist, sagt Psychotherapeutin Monika Stützle-Hebel.
Sie hält Sabotage im Job für selten, schließlich lebe man von seiner Arbeit. Aber: „Die Frage der Absicht ist nicht so entscheidend“, sagt sie. „Wenn ein Fehler immer wieder passiert, ist es irrelevant, ob dahinter Inkompetenz oder Absicht steckt. In der Wirkung und hinsichtlich der Notwendigkeit zu reagieren, ist es das gleiche.“
Mediatorin Doris Strozny aus Bremen gibt zu bedenken, dass auch Mobbing und Sabotage oft ähnliche Auswirkungen haben und nicht leicht zu unterscheiden seien. Einen Unterschied gebe es aber: Gemobbt werde meist andauernd und oft, Sabotage sei in der Regel eher eine ein- oder zweimalige Sache. Ein weiteres Problem dabei: „Mobbing und Sabotage werden in Unternehmen nicht gerne beim Namen genannt. Oft heißt es einfach "Es läuft nicht so"“, sagt Strozny. So seien derartige Probleme noch schwerer greifbar.
Karrierecoach Ute Bölke hatte in ihrer Arbeit schon öfter mit Sabotage zu tun. Sie berichtet von einem Mechatroniker-Meister, der Wissen partout nicht an seinen Auszubildenden weitergab, von einem ständig lästernden Kollegen in einer Werbeagentur, der das Betriebsklima vergiftete und auch dem Ruf des Unternehmens schadete, von einer Firmenwebseite, die genau einen Tag zu früh online gestellt wurde, von vertraulichen Videos, die nach außen gelangten und von einem Systemadministrator, der das Intranet löschte statt es zu kopieren. Und von einer Selbstständigen, deren Geschäftsidee von einer ehemaligen Mitarbeiterin kopiert wurde.
Die möglichen Gründe für solche Sabotage-Akte sind vielfältig, wie Bölke erklärt. Dahinter könne zum Beispiel Angst stecken, starker Konkurrenzdruck unter Kollegen, Unzufriedenheit mit dem eigenen Job, schlichter Leichtsinn oder der Wunsch nach der Demontage des Unternehmens.
Bölke rät daher jedem, der Sabotage oder schwerwiegende Fehler in seinem Arbeitsumfeld mitbekommt, das Geschehen zunächst weiter zu beobachten. Wenn die Problematik weiter besteht, sollte man dem nachgehen, empfiehlt Stützle-Hebel. „Vielleicht bekommt derjenige es gerade nicht besser hin.“ Dahinter müsse nicht unbedingt Inkompetenz stecken, auch Angst sei zum Beispiel ein Motor für Fehler.
Nichtsdestotrotz empfiehlt sie, den betreffenden Kollegen freundlich auf den Fehler anzusprechen - und wenn das Problem weiter besteht, im Zweifel den Vorgesetzten einzuschalten. „Es geht nicht, dass jemand, die Aufgabe, die er übertragen kriegt, immer wieder nicht erfüllen kann“, betont Stützle-Hebel. Denn das tut niemandem gut, dem Betreffenden nicht und auch nicht dem Team und der Firma.
Allerdings sollte man dabei Vorsicht walten lassen, wie Strozny betont. Denn wenn der Kollege alles abstreitet oder nicht absichtlich gehandelt hat, wiegen derartige Vorwürfe schwer. Außerdem sei es schwer, solche Anschuldigungen auch zu beweisen. Und sie betont: „Man soll auch nicht zum Detektiv des Unternehmens werden.“
Steckt hinter den Geschehnissen tatsächlich Sabotage, sei je nach Unternehmen und je nach Fall eine Abmahnung oder die sofortige Freistellung samt Kündigung die Folge, erklärt Strozny. Manche Fälle landen auch vor Gericht. Ist jemand für seinen Job einfach ungeeignet, gibt es unter Umständen eine passendere Position im Unternehmen.