Soziale Netzwerke: Chef liest mit
Facebook und Twitter gehören längst zum Arbeitsalltag. Die privaten Kontakte können auch den Unternehmen nutzen.
Düsseldorf. Xing, Twitter oder Facebook gehören längst zum Alltag — auch in vielen Büros. Manchmal laufen sogar Kundenakquise und Kontaktpflege über soziale Netzwerke. Das hat viele Vorteile, aber auch Schattenseiten, gerade wenn sich private und berufliche Kontakte mischen. Und so mancher Arbeitgeber fürchtet, seine Mitarbeiter könnten allzu viel Zeit mit ihren „Freunden“ und „Verfolgern“ verplempern.
„Vor zehn Jahren hatten wir die gleiche Debatte um die Frage, ob Arbeitnehmer private E-Mails verschicken dürfen“, sagt Jan-Hinrik Schmidt vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung. „Die Diskussion darüber, wo die private Nutzung des Internets aufhört und die berufliche anfängt, gab es schon damals.“
Beim Netzwerken im Internet vergisst man schnell die Zeit. „Netzwerke sind totale Zeitfresser“, warnt die Karriereberaterin Svenja Hofert. „Und wenn jemand ständig im Blick hat, ob sich jemand über Twitter oder Facebook meldet, wäre ich als Arbeitgeber auch skeptisch.“
Auch Arbeitgeber profitieren von Mitarbeitern, die online netzwerken: „Ich kann damit meine Geschäftskontakte intensivieren, gerade zu Leuten, die ich sonst nur einmal im Jahr auf der Messe sehe“, sagt Svenja Hofert. „Wenn wir uns dann wiedersehen, erinnert sich derjenige viel schneller an mich.“ Und er lässt sich vielleicht auch schneller zum nächsten Geschäftsabschluss überreden.
Wer soziale Netzwerke nutzt, kann damit auch Zeit sparen. Zum Beispiel, wenn er auf der Suche nach Geschäftskontakten ist. „In Netzwerken wie Xing kann gezielt nach Stichwörtern gesucht werden“, erklärt Hofert. „Und der Zugriff auf die Kontakte meiner Kontakte ist schon toll.“ Oft findet sich dort genau der gesuchte Experte aus dem Marketing oder der Vertriebs-Manager aus dem Medizintechnikbereich, auf den man sonst nie gestoßen wäre.
Netzwerke erwecken den Eindruck, der Nutzer wende sich an ein begrenztes Publikum, seine „Follower“ oder bestätigten Kontakte. Der Nutzer glaube, es sei etwas Persönliches und vergesse, dass sein Publikum oft viel größer ist, warnt Jan-Hinrik Schmidt. „Es kann zum Beispiel sein, dass jemand einen Firmennamen googelt und so einen bestimmten Eintrag in einem Netzwerk findet.“ Auf diese Weise könne es passieren, dass jemand etwas erfährt, was er eigentlich nicht erfahren sollte.
Wem egal sein kann, was Kollegen, Vorgesetzte oder Geschäftspartner über ihn denken, braucht sich keine Sorgen machen. Für alle anderen gilt die Faustregel: In sozialen Netzwerken sollte man nichts über sich verbreiten, was am Arbeitsplatz keiner wissen darf. Eine gute Leitfrage sei aber: „Bin ich damit einverstanden, dass mein Chef darüber Bescheid weiß?“
Ihre Äußerungen auf Facebook oder in Xing seien so privat wie zu Hause im Wohnzimmer. Dort darf über den Chef hergezogen werden. „Soziale Netzwerke gehören aber nicht zur Privatsphäre“, warnt Nathalie Oberthür. Wer sich abfällig äußert, kann unter Umständen wegen Beleidigung belangt werden.
Mancher Arbeitgeber würde die private Nutzung von Netzwerken am Arbeitsplatz am liebsten verbieten. Aber das ist kaum realistisch: „Es lässt sich oft nicht klar abgrenzen, was eindeutig beruflich relevant ist und was nur am Rand“, sagt Jan-Hinrik Schmidt. „In der modernen Arbeitswelt verschwimmen Privates und Berufliches immer mehr.“ Statt strenger Regeln, die kaum zu überwachen wären, seien Richtlinien wie in „Social Media Guidelines“ besser.