Studieren ohne Abi: Viele Wege zur Hochschule
Berlin/Konstanz (dpa/tmn) - 16 Bundesländer mit 16 Hochschulgesetzen: Das macht es schwer, die Möglichkeiten zu überblicken, um ohne Abi an eine Hochschule zu kommen. Ein Überblick über Fachabi, Fachhochschulreife und die Option, mit einer Berufsausbildung zu studieren.
Mit dem Realschulabschluss in der Tasche entschied sich Barbara Wegener für ein Studium, um ihre Berufschancen zu erhöhen. Doch der 17 Jahre alten Schülerin aus der Nähe von Stuttgart fehlte als wichtige Voraussetzung für ihr Wunschfach das Abitur. Das hätte sie mit dem erfolgreichen Abschluss der Oberstufe eines Gymnasiums erreicht. In so einer Situation muss man den eigenen Studienwunsch aber nicht gleich begraben: Denn studieren lässt sich auch ohne Abitur.
Das deutsche Bildungssystem sieht schon lange andere Möglichkeiten vor, um zu akademischen Ehren zu kommen. Eine davon ist die Fachhochschulreife. Ihre Einschränkung: Man kann mit dieser Qualifikation nur an Fachhochschulen studieren.
„An Fachhochschulabsolventen besteht in der Wirtschaft ein hoher Bedarf. Besonders in den Bereichen Wirtschaft und Technik findet eine praxisnahe Ausbildung statt, die der an Universitäten aus Sicht der Betriebe gleichwertig ist“, sagt Kevin Heidenreich, zuständig für Bildungspolitik beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag in Berlin.
Einen eingeschränkten Zugang zu den Unis erlaubt die Fachgebundene Hochschulreife, umgangssprachlich auch Fachabi genannt. Damit kann der Schüler später nur jene Fächer studieren, in denen er bislang auch unterrichtet wurde und die im Zeugnis stehen. Wer sich etwa für Wirtschaft entschieden hat, kann später nicht ins Fach Technik wechseln.
„Ein sehr guter bis guter Abschluss ist eine hervorragende Grundlage für eine Bewerbung für ein mathematisch-naturwissenschaftliches, rechts-, wirtschafts-, politik- oder verwaltungswissenschaftliches Studienfach“, sagt Volker Waldvogel von der Universität Konstanz. Für alle geisteswissenschaftlichen Studienfächer sei das Vollabitur notwendig.
Schulangelegenheiten fallen in Deutschland unter die Hoheit der Bundesländer, und das bedeutet 16 unterschiedliche Schulgesetze. Zur Fachhochschulreife führen ganz verschiedene Wege: Dazu gehören Gymnasium, Gesamtschule, Berufskolleg, Fachoberschule, Berufsoberschule, Telekolleg oder auch Fernunterricht. Hamburg verlangt die Mittlere Reife und eine mindestens zweijährige Berufsausbildung, Baden-Württemberg unter anderem den Abschluss eines einjährigen Berufskollegs oder den Abschluss an einer Akademie für Betriebsmanagement im Handwerk.
Auch für die Fachgebundene Hochschulreife gibt es keine bundeseinheitlichen Regelungen. In Bayern muss sie etwa durch ein Zeugnis über die bestandene Vorprüfung in einem Fachhochschulstudiengang belegt werden. Das Hessische Hochschulgesetz setzt das „Grundstudium in einem Fachhochschulstudiengang, in einem gestuften Studiengang an einer Universität oder einen vergleichbaren Studienabschnitt“ voraus.
Schließlich besteht die Möglichkeit, ganz ohne Abitur an einer Universität zu studieren. Diese Option gibt es etwa durch das Hochschulgesetz in Rheinland-Pfalz. „Eine qualifizierte Berufsausbildung mit der Abschlussnote 2,5 und eine anschließende zweijährige Berufspraxis gilt von sofort an als Zugangsberechtigung für alle Studiengänge an Fachhochschulen“, erklärt Ulrike Cron, Pressereferentin der staatlichen Zentralstelle für Fernstudien an Fachhochschulen (ZFH) in Koblenz.
In Baden-Württemberg kann man die Fachgebundene Hochschulreife erreichen, indem man zwei Jahre lang die Berufsoberschule besucht. Mit einer zweiten Fremdsprache kann die allgemeine Hochschulreife erworben werden. Voraussetzung für einen Zugang zu diesem Bildungsweg sind gute Noten in der Schule und eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Noch ist das Angebot in Deutschland verwirrend. Die Zulassungsvoraussetzungen für Fachhochschulreife und Fachgebundene Hochschulreife sind je nach Bundesland unterschiedlich. Vor einer Entscheidung für eine weitere Qualifizierung nach der Mittleren Reife müssen deshalb eine Menge Informationen eingeholt werden. „Besonders die jeweiligen Schulen können weiterhelfen und entsprechende Ratschläge geben, um sich zurechtzufinden“, rät Heidenreich.